3/26 Ein Pilz der Gattung Cordyceps ist auch heimlicher Star der Serie «The Last of Us»: Er infiziert Menschen, übernimmt ihren Verstand und Körper und bringt sie dazu, den Pilz auf die Nichtinfizierten zu übertragen. Die Idee dazu stammt aus dem echten Leben.

4/26 In der Realität sind es Pilze der Gattung Cordyceps, auch Ophiocordyceps genannt, die andere Lebewesen zombifizieren – das heißt: befallen, infizieren und in ihrem Sinne fremdsteuern. Sie haben es vor allem auf Ameisen abgesehen. (Im Bild: Eine von einem Cordyceps-Pilz befallene Ameise)

5/26 Über 30 verschiedene von Ameisen zombifizierte Pilze sind bislang bekannt. Es könnte aber bis zu 600 Cordyceps-Arten geben, schätzen Forschende, wobei jede Art auf jeweils eine spezielle Ameisenart spezialisiert ist. (Im Bild: Eine von Ophiocordyceps albacongiuae befallene Ameise in Kolumbien)

6/26 Alles beginnt mit einer Pilzspore auf dem Waldboden. Nimmt eine Ameise sie über die Nahrung auf, fängt der Pilz an in ihr zu wachsen, infiltriert ihr zentrales Nervensystem und beginnt Muskeln und Willen seines Wirts zu steuern. (Im Bild: Ophiocordyceps camponoti-balzani, der Ameisen im atlantischen Regenwald in Brasilien befällt.)

7/26 Wie genau die Pilze Muskeln und Willen nach der Übernahme steuern, ist noch nicht endgültig geklärt: «Ob dies durch Freisetzung einer Chemikalie oder durch Veränderung der DNA geschieht, wissen wir noch nicht», so Ian Will, Pilzgenetiker an der University of Central Florida, zu Nationalgeographic.com.

8/26 Die befallene Ameise beteiligt sich zunächst nicht mehr an der Futtersuche und hört auf mit ihren Nestgenossinnen zu kommunizieren. Dann wird sie zusehends hyperaktiv. Und das rund um die Uhr. (Im Bild: Eine noch lebende Camponotus-leonardi-Ameise, die sich in die Mittelader eines Blattes in Thailand verbissen hat.)

9/26 Zum Ende ihres Lebens hin bringt der Pilz die Ameise dazu, ihr Nest zu verlassen und auf einen nahen Baum zu klettern. Dort klammert sie sich mit ihrem Kiefer an ein Blatt, das über dem Waldboden hängt.

10/26 Damit sich ihr Biss auch nach dem Tod nicht lockert, verändert der Pilz sogar die Muskulatur in den Mundwerkzeugen der Ameise.

11/26 Während die Ameise auf ihren Tod wartet, verdaut der Pilz ihren Körper. (Im Bild: Eine von Ophiocordyceps unilateralis befallene Polyrhachis-armata-Ameise)

12/26 Aus der sterbenden zombifizierten Ameise wachsen schließlich je nach Art ein oder mehrere Pilzstiele. (Im Bild: Eine von Ophiocordyceps unilateralis befallene Polyrhachis-armata-Ameise)

13/26 Auf diesem Stiel beziehungsweise diesen Stielen entwickelt sich dann eine Art Ball, in welchem neue Sporen gebildet werden. (Im Bild: Der Gesamtsieger des Fotowettbewerbs des Fachjournals «BMC Ecology and Evolution», aufgenommen im peruanischen Dschungel)

14/26 Aus diesem Sporenball regnen dann neue Sporen zu Boden, wo sie warten, bis wiederum eine Ameise vorbeikommt und sich infiziert.

15/26 Weil die Ameisen für den Sporenregen so hoch hinaus klettern, sprechen Fachleute von einer «summit disease» – Gipfelkrankheit. Das Vorgehen der verschiedenen Cordyceps-Arten ist äußerst effektiv. (Im Bild: Eine tote Camponotus-leonardi Ameise, die von Ophiocordyceps unilateralis befallen ist.)

16/26 "Auf nur einem Quadratmeter fanden wir bis zu 25 von ihnen an den Blattunterseiten der Pflanzen. Und das über eine Länge von zehn Metern", erinnert sich die Biologin Sandra Breum Andersen gegenüber Deutschlandfunk.de an ihren ersten Besuch auf einem pilzverursachten Ameisenfriedhof in Thailand.

17/26 Genau diese tödliche Effizienz ist es, die Cordyceps als Zombie-Macher zu «The Last of Us» brachte. Allerdings gibt es weitere Pilze, die ihre – tierischen – Wirte für ihre Zwecke einspannen.

18/26 Ein solches Beispiel ist Entomophthora muscae, auf Deutsch: Fliegentöter: Der Pilz sorgt dafür, dass Stubenfliegenmännchen um verendete Weibchen keinen großen Bogen machen, sondern sich mit ihnen hingebungsvoll paaren – und dann ebenfalls sterben.

19/26 Nachdem Entomophthora muscae die Weibchen befallen hat, sondert er eine Art Aphrodisiakum ab, dem die Männchen nicht widerstehen können. Sie stürzen sich auf die infizierten Weibchen und gabeln so ihrerseits den Pilz auf. So tragen sie zu dessen Verbreitung bei, bevor sie ihm selbst zum Opfer fallen. (Im Bild: Stubenfliege nach Befall und Verbreitung der Sporen)

20/26 Denn sobald E. muscae einen Wirt gefunden hat, dringt er in das Außenskelett ein, saugt die Körperflüssigkeit aus und bildet massenhaft Sporen. Innerhalb von fünf bis sieben Tagen stirbt der Wirt.

21/26 Der Pilz Entomophaga grylli ist auf Heuschrecken spezialisiert. Seine Sporen durchdringen die äußere Haut (Kutikula) der Schrecken. Der Pilz vermehrt sich dann im Blut und wächst auf den inneren Organen und bewirkt bei ihnen mehrere Verhaltensänderungen.

22/26 So sinkt etwa ihre Neigung zum Ortswechsel, sodass der Pilz sich lokal besser ausbreiten kann. Vor dem Tod klettert die von Entomophaga grylli befallene Heuschrecke an einen hohen Ort, wo sie sich vom Pilz gesteuert festklammert, damit sich die Sporen des Pilzes besser ausbreiten können.

23/26 Der Pilz Massospora cicadina befällt die sogenannten periodischen Zikaden. Er zersetzt unter anderem ihre Geschlechtsorgane und füllt die entstandene Lücke mit einer Art Pfropfen aus Sporen, was zu Unfruchtbarkeit, Krankheitsübertragung und schließlich zum Tod der Zikade führt. Vor ihrem Ableben wird sie durch den Pilz noch einige Zeit fremdgesteuert.

24/26 Die frisch befallenen Zikaden leben zunächst weiter, aber wenn sie aus der Erde kommen und herumfliegen, regnet es Sporen aus ihnen – die wiederum weitere Zikaden infizieren: «Fliegende Salzstreuer des Todes», nennt sie Matt Kasson von der Universität West Virginia.

25/26 Die Sporen von Massospora cicadina werden auch noch auf andere Weise verbreitet: Der Pilz produziert in den Zikaden auch noch den Halluzinationen hervorrufenden Stoff Psilocybin und das natürliche Amphetamin Cathinon: Damit hält er seinen Wirt trotz Organverlust am Leben und sorgt dafür, dass die Tiere hyperaktiv und hypersexuell werden.

26/26 Der Pilz Ophiocordyceps sphecocephala hat sich auf Wespen und Bienen spezialisiert. Dabei ist er aber nicht allzu wählerisch: Soweit bekannt parasitiert er mindestens 16 verschiedene Arten. (Im Bild: Fruchtkörper von Ophiocordyceps sphecocephala auf dem Kadaver einer Wespenart in Yunnan.)