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Depp-Heard-Prozess: Gewaltopfer sind die Verlierer

Der Prozess von Johnny Depp und Amber Heard geht zu Ende. Bereits jetzt ist klar: Betroffene von häuslicher Gewalt zählen zu den Verlierern.

Amra Duric
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Das Gericht des US-Bezirks Fairfax in Virginia dient Johnny Depp und Amber Heard seit sechs Wochen als Bühne. 
Das Gericht des US-Bezirks Fairfax in Virginia dient Johnny Depp und Amber Heard seit sechs Wochen als Bühne. 
Picturedesk, Helmut Graf

Seit sechs Wochen sitzen Johnny Depp und Amber Heard vor Gericht und geben vor den Augen der Welt intimste Details ihres Privatlebens preis. Der Grund: Der 58-Jährige behauptet seine Ex-Frau hätte mit ihrem Kommentar über häusliche Gewalt, den sie 2018 in der "Washington Post" veröffentlicht hatte, seinem Ruf und seiner Karriere massiv geschadet. Er klagt Heard wegen Verleumdung auf rund 46 Millionen Euro. Die Schauspielerin fordert in einer Gegenklage rund 94 Millionen Euro.

Vor dem Gerichtsgebäude kampieren Schaulustige in der Hoffnung einen Platz im Saal zu ergattern.
Vor dem Gerichtsgebäude kampieren Schaulustige in der Hoffnung einen Platz im Saal zu ergattern.
BRENDAN SMIALOWSKI / AFP / picturedesk.com

Heute sollen die Abschlussplädoyers gehalten werden. Danach müssen sieben Geschworene entscheiden, wem sie Glauben schenken. Heard sagte aus, dass sie von Depp fünf Jahre lang geschlagen und sexuell misshandelt wurde. Der Schauspieler hingegen behauptete im Zeugenstand, dass es zwar oft zu Streitereien gekommen sei, er jedoch nie handgreiflich wurde. Im Gegenteil: Seine Ex-Frau hätte ihn physisch und psychisch misshandelt.

Vorgelegte Tonaufnahmen, Bilder und Nachrichten lassen darauf schließen, dass sich weder Heard noch Depp in ihrer Beziehung etwas geschenkt haben. In vor Gericht gespielten Aufnahmen hört man die Schauspieler lautstark streiten. Heimlich aufgenommene Videos zeigen einen aggressiven und betrunkenen Depp. Heard legte Fotos von sich mit blauen Flecken vor und gestand Depp – aus Notwehr – geschlagen zu haben. Der Schauspieler zeigte ebenfalls Fotos mit blauen Flecken von sich, die ihm seine Ex-Frau damals zugefügt haben soll.

Soziale Medien haben ihr Urteil gefällt

Während die Geschworenen beraten, wurde außerhalb des Gerichtssaals bereits entschieden. Durch die Liveübertragung konnte jeder bei der "Depp-Heard-Schlammschlacht" zusehen. Auf dem YouTube-Kanal von "Law&Crime" verfolgten täglich über eine Million Menschen den Prozess. Liest man die Kommentare im Live-Chat und in den Sozialen Medien wird schnell klar: Johnny Depp verlässt als Sieger das Gericht.

Vor dem Gericht wird Johnny Depp von dutzenden Fans bejubelt. 
Vor dem Gericht wird Johnny Depp von dutzenden Fans bejubelt. 
BRENDAN SMIALOWSKI / AFP / picturedesk.com

Der Schauspieler hat unzählige Anhänger, die davon überzeugt sind, dass er von Heard misshandelt wurde. Hundertprozentig beweisen konnten das Depps Anwälte nicht. Dennoch wird der Hollywood-Star in den sozialen Medien beklatscht, seine Ex-Frau bekommt hingegen täglich Morddrohungen. "Ich erhalte Nachrichten, dass man mein Baby in eine Mikrowelle stecken will", berichtete die 36-Jährige vor Gericht.

Dass Amber Heard Fotos von blauen Flecken und Drohungen, die sie von Depp bekam, vorgelegt hat, scheint niemanden mehr zu kümmern. Viel interessanter ist, was Heard trägt, ob sie Depp in seinen Gesten kopiert, ob dieser mit seiner Anwältin zusammen ist und dass Heards Anwältin sich einmal ein Autogramm bei einer Filmpremiere von Depp geholt hat.

Hilfe für Betroffene
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20

4.551 Betretungsverbote heuer ausgesprochen

Im Zeugenstand erklärte Heard kürzlich, sie wolle Betroffenen von häuslicher Gewalt, die keine Stimme haben, eine Plattform bieten. Der Prozess hat genau das Gegenteil ausgelöst. In Österreich erlebt jede fünfte Frau ab ihrem 15. Lebensjahr physische und/oder sexuelle Gewalt. Bis 1.April wurden heuer bereits 3.380 Betretungsverbote erlassen. Bei den Tätern handelt es sich in den meisten Fällen um Männer. 

Für Betroffene ist es noch immer schwer aus der Gewaltspirale herauszukommen. Ein Großteil meldet Missbrauch aus Scham, Angst oder aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen nicht. Ich selbst habe häusliche Gewalt erlebt und weiß, wie schwer es ist auszubrechen. Wie groß die Scham ist. Die Ausreden beim Arzt, man sei die Treppe runtergefallen. Die blauen Flecken, die man verzweifelt zu verdecken versucht. Die Angst, dass einem niemand glaubt. Letzteres hat der Depp-Heard-Fall verstärkt.

Zu sehen, wie ein Hollywood-Prozess das Thema häusliche Gewalt fast schon ins Lächerliche zieht, macht wütend und schadet Betroffenen enorm. Egal, wie die Geschworenen in den kommenden Stunden oder Tagen entscheiden, feststeht: Opfer von häuslicher Gewalt sind in diesem Fall die Verlierer.

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    privat, iStock