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Das sagt Putin über CoV-Impfung und Nawalny-Vergiftung
Hunderte Journalisten aus dem In- und Ausland haben sich in Moskau versammelt, um den russischen Präsidenten zu befragen.
Derzeit läuft die jährliche Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Wegen der Corona-Pandemie stellen seit 12 Uhr Lokalzeit Hunderte Vertreter internationaler und nationaler Medien ihre Fragen erstmals im Videoformat. Putin ist aus seiner Vorstadtresidenz in Nowo-Ogarjowo zugeschaltet. Der Staatschef nimmt wegen der Pandemie seit Monaten nur selten Termine außerhalb der Residenz wahr, was immer wieder für Gerüchte um seine Gesundheit sorgt.
Bei der mehrstündigen Pressekonferenz erklärte der russische Präsident, er wolle sich mit dem eigenen Impfstoff "Sputnik V" impfen lassen, sobald das für seine Altersgruppe möglich sei. "Ich bin ein gesetzestreuer Mensch. Ich halte mich an die Empfehlungen. Für solche wie mich gibt es bis jetzt keinen Impfstoff. Ich mache das, sobald es möglich ist", sagte der 68-Jährige.
Putin lobt eigene Corona-Maßnahmen
Das international vermarktete Mittel "Sputnik V" ist nach Aussagen Putins "effektiv und ungefährlich". Nach Angaben der russischen Gesundheitsbehörden ist es allerdings nicht für Menschen über 60 Jahre geeignet. Ein Impfstoff für ältere Menschen solle aber bald verfügbar sein, hieß es. In Russland läuft seit gut einer Woche landesweit die Massenimpfung gegen das Coronavirus.
Russland ist nach Putins Worten bisher besser durch die Corona-Pandemie gekommen als andere Länder. "Das Gesundheitswesen hat adäquat reagiert", sagte er. "Wir können mit Überzeugung sagen, dass wir die Probleme würdig gemeistert haben." Im flächenmäßig größten Land der Erde gibt es trotz hoher Infektions- und Todeszahlen keinen neuen Lockdown. Russland hatte nach offiziellen Angaben am Donnerstag 28.200 neue Corona-Infektionen. Die Anzahl der Toten stieg um 587 auf nun 49.151.
"Wer hat Nawalny vergiftet?"
Die Corona-Pandemie ist bei weitem nicht Hauptthema an der mehrstündigen Pressekonferenz. So gab es mehrere Nachfragen zum im September vergifteten Oppositionellen Alexei Nawalny. Eben erst hat die Rechercheplattform Bellingcat zusammen mit Medien wie "Der Spiegel" ans Licht gebracht, dass ein auf Gift spezialisiertes "Killerkommando" des russischen Geheimdienstes FSB auf Nawalny angesetzt worden war.
Direkte Fragen wie "Wer hat Nawalny vergiftet?" tat Putin zunächst als sinnlos ab – ebenso wie die Bellingcat-Recherchen, die er als "Trick" bezeichnete und die Putin zufolge allein zum Ziel haben, die russische Regierung zu verunglimpfen. Putin sah dahinter ohnehin die US-Regierung am Werk, die Bellingcat mit "Material von US-Geheimdiensten" gefüttert habe.
Wie bereits in früheren Pressekonferenzen weigerte sich Putin, den Namen von Kreml-Kritiker Nawalny auszusprechen, wie Radio Free Europe berichtet. Stattdessen bezeichnete er seinen Kontrahenten lediglich als den "Patienten von Berlin". Nawalny war nach seiner Vergiftung zur Behandlung nach Deutschland geflogen worden.
"…dann wäre der Job erledigt worden"
Die Journalisten hakten zum Thema Nawalny weiter nach, was Putin zu dieser Aussage brachte: Hätte der russische Staat den Oppositionellen wirklich töten wollen, wäre "der Job erledigt worden". Dazu bemerkte ein Kommentator, dass Putin bereits vor fünf Jahren fast gleich über den Oppositionellen Boris Nemzow gesprochen habe, der im Februar 2015 auf offener Straße erschossen worden war. Andere Beobachter wiesen darauf hin, dass es – entgegen Putins Worten – dem Geheimdienst FSB und anderen Agenten in der Vergangenheit oft nicht gelungen sei, bei Vergiftungsaktionen ihre Ziele zu erreichen.
Weitere angesprochene Themen drehten sich von der deutsch-russischen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 über den Konflikt in Berg-Karabach bis zum künftigen Verhältnis zu den USA. Die Jahrespressekonferenz werde eine "sehr informative" werden, hatte ein Kreml-Sprecher im Vorfeld angekündigt. Dennoch befürchten einige Journalisten, dass einige der drängendsten und wichtigsten Themen zum Kreml und zur Außen- und Innenpolitik vom russischen Präsidenten nicht vertieft werden.
Alles in allem sei Putins Hauptnachricht aus der jährlichen Medienkonferenz eine relativierende gewesen, analysiert ein Russlandkorrespondent auf Twitter: "Alles ist relativ: Ja, die Pandemie und die Wirtschaft sind schlecht für das Land, aber auch weiter entwickelte Nationen stehen schlechter da. Ja, die Armutsrate im Land ist am Steigen, aber sie lag höher, als er das Amt antrat."