Einfacher Grund
Das Gehirn von Vätern schrumpft nach der Geburt
Studien zeigen, dass sich das Gehirn frisch gebackener Väter verändern kann. Die graue Substanz nimmt ab.
Ein Baby kann das Leben gewaltig auf den Kopf stellen. Neue Herausforderungen prasseln auf frisch gebackene Eltern ein. Bedürfnisse müssen vorhergesehen, erkannt und gestillt werden – oft ohne Erfahrung und mit wenig Schlaf.
Dass bei den Müttern zusätzlich auch noch die Hormone verrückt spielen und sich die Gehirnstrukturen verändern können, ist gut erforscht. Doch was passiert eigentlich bei Männern nach einer Geburt?
Die Ergebnisse einer spanischen Studie unter heterosexuellen Vätern legen nahe, dass sich ihr Hirn ebenfalls verändert: Es schrumpft.
Graue Substanz
Die Studie, die im Fachmagazin "Cerebral Cortex" veröffentlicht wurde, verglich Gehirne werdender Väter vor und nach der Geburt. Das Ergebnis? Es treten Veränderungen an der Grauen Substanz in der Großhirnrinde auf. Diese spielt eine Rolle bei der exekutiven Funktion, einschließlich Denken, Vernunft, Lernen, Problemlösung und emotionaler Verarbeitung.
Das hat einen einfachen Grund: "Durch den Verlust bestimmter Strukturen im Gehirn fällt es Vätern leichter, Prioritäten zu setzen, Informationen effizienter zu verarbeiten und eine stärkere emotionale Bindung zum Kind aufzubauen – dies ist wichtig für das Überleben unserer Spezies", sagt Forschungsleiterin Darby Saxbe, Professorin für Psychologie an der University of Southern California. Eine ähnliche Veränderung wurde bereits bei Müttern beobachtet und führt dazu, dass sie sensibler auf die Bedürfnisse ihres Kindes reagieren.
In einer Folgestudie fand Saxbe heraus, dass unter 38 Erstvätern diejenigen, die eine stärkere Reduktion des Volumens der grauen Substanz in der Großhirnrinde erlebten, mehr Motivation und Engagement in Bezug auf die Elternschaft berichteten. "Sie fühlten sich bereits vor der Geburt stärker mit ihren Babys verbunden – anschließend verbringen sie mehr Zeit mit dem Kind als Hauptbezugsperson", so die Neurologin.
So unterscheiden sich Väter von Müttern
Oxytocin sorgt für stärkere Bindung
Neben der Veränderung der Gehirnstrukturen erleben Männer auch hormonelle Veränderungen vor und nach der Geburt. Eine Studie zeigt zum Beispiel, dass Väter beim Halten ihres Neugeborenen einen Schub Oxytocin, dem Glückshormon, erhalten, der für die Bindung wichtig ist.
Eine andere Studie mit mehr als 600 Männern ergab, dass diejenigen, die in ihren Zwanzigern höhere Testosteronwerte aufwiesen, früher Väter wurden. Anschliessend erlebten sie einen deutlichen Rückgang des Testosteronspiegels im Vergleich zu alleinstehenden, kinderlosen Männern. Höhere Testosteronspiegel bei Männern fördern unter anderem den Wettbewerb bei der Partnersuche. "Die Idee ist also, dass der sinkende Testosteronspiegel beim Übergang zur Vaterschaft den Fokus und die Prioritäten auf die Familie umstellt", sagt Lee Gettler, Professor für Anthropologie an der University of Notre Dame und Hauptautor der Testosteron-Studie.
Auf den Punkt gebracht
- Studien zeigen, dass sich das Gehirn frisch gebackener Väter nach der Geburt verändert und die graue Substanz abnimmt, was ihnen hilft, Prioritäten zu setzen und eine stärkere emotionale Bindung zum Kind aufzubauen
- Neben diesen strukturellen Veränderungen erleben Väter auch hormonelle Anpassungen, wie einen Anstieg des Oxytocinspiegels und einen Rückgang des Testosteronspiegels, was ihren Fokus und ihre Prioritäten auf die Familie verlagert