Tierisches Urteil

Darf der österreichische Wolf jetzt vor Freude heulen?

Der Europäische Gerichtshof fällte nun ein Urteil aufgrund der Wolfsdebatte: Keine Ausnahmen mehr, denn das Wolfsjagdverbot ist gültig.

Heute Tierisch
Darf der österreichische Wolf jetzt vor Freude heulen?
Bei solchen Bildern fragt man sich tatsächlich, warum für so viele keine Co-Existenz möglich ist?
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Am 11. Juli kam es zu einem wichtigen Entscheid des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Das ständig umschiffte Wolfsjagdverbot in ganz Österreich ist gültig und alle Bundesländer haben unverzüglich ihre Wolf-Abschuss-Verordnungen, sowie Alm- und Weideschutzgesetze dahingehend abzuändern. Bisher wurden nämlich zahlreiche Verstöße gegen die sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien, kurz FFH-Richtlinen begangen.

Im Vergleich zu anderen EU-Ländern, wie beispielsweise Rumänien, Slowenien und Italien, sei Österreich keine Ausnahme bei den geografischen und topografischen Bedingungen, weshalb auch bei uns eine gesunde Wolfspopulation und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreiche Schafhaltung in Almbetrieben mit Behirtung und Herdenschutzhunden möglich sein muss.

Urteil PRO WOLF in Österreich

Heute hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-601/22 Wiener Tierschutzverein (Markenname Tierschutz Austria) und andere Umweltorganisationen gegen die Tiroler Landesregierung ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Die Entscheidung erging im Vorabentscheidungsersuchen des Landesverwaltungsgerichts Tirol und hat eine erhebliche Bedeutung für die Auslegung der FFH-Richtlinie im Umgang mit dem Wolf. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung sind ab sofort von den nationalen Gerichten und Behörden in allen EU-Mitgliedsstaaten einzuhalten.

In Österreich fällt Naturschutz in Gesetzgebung und Vollzug in die Zuständigkeit der Länder. Nach dem Urteil des EuGH wird aber bei den Alm- und Weideschutzgesetzen gegen die FFH-Richtlinie verstoßen, weshalb hohe Strafzahlungen drohen, wenn sie nicht abgeändert werden.
Madeleine Petrovic
Präsidentin Tierschutz Austria

Vier richtungsweisende Entscheidungspunkte des EuGH legen die FFH-Richtlinie für den Arten-, Lebensraum- und damit Naturschutz der Zukunft näher aus:

1) Benachteiligung gegenüber anderen Ländern
2) Definition des Erhaltungszustandes im Alpenraum
3) Definition des ernsthaften wirtschaftlichen Schadens
4) Definition von anderweitige gelindere Lösungen statt Abschuss.

Keine Sonderregelung für Österreich

Die Ausnahme bestimmter Mitgliedstaaten von Anhang IV der Habitatrichtlinie stellt als solche keine Ungleichbehandlung eines einzelnen Mitgliedstaats dar, dem eine solche Ausnahmeregelung nicht gewährt wurde. Petrovic:

Es ist beschämend, dass ein EU-Mitgliedstaat wie Österreich ständig Ausnahmen vom strengen Schutz erteilt und daher die Ausnahme zum Regelfall macht. Jeder Mitgliedstaat muss für sein Land für jede, in der Richtlinie genannte Art, einen guten Erhaltungszustand anstreben und erhalten

Wolfsdichte lächerlich!

Der Wolf gilt in Österreich noch immer als "newly arriving species" (deutsch: neu, hinzukommende Art) und die Reproduktion ist weit entfernt günstig. Der Großteil von insgesamt 104 Exemplaren gilt als "Durchzügler" und lediglich EIN Wolfsrudel von ehemals sechs Rudeln konnte heuer nachgewiesen werden.

Der günstige Erhaltungszustand setzt explizit eine erfolgreiche Reproduktion mit mehreren Rudeln in dem jeweiligen Land voraus. Österreichs Wölfe sollten laut EU-Kommission mehr als 1000 Exemplare umfassen, um von einem günstigen Erhaltungszustand sprechen zu können
Thoren Metz
Obmann, NGO-Protect

Logik trifft Gesetz?

Der Europäische Gerichtshof stellt klar, dass die behaupteten "Einbußen" der Almwirtschaft nicht unter "ernste Schäden" einzustufen sind und auch die These, dass ein Wolf zukünftig wirtschaftliche Schäden anrichten könne und deshalb einen Abschuss rechtfertige, wurde klar abgelehnt.

Die Argumentation, dass Herdenschutz als "gelinderes Mittel" in Österreich zu teuer ist und daher nicht zumutbar sei, wird gerade in einem so reichen Land wie Österreich abgelehnt. Die Kosten für Herdenschutzmaßnahmen sind daher wirtschaftlich zumutbar, insbesondere auch deshalb, da solche Kosten zu 100 Prozent von der EU finanzierbar wären.

Hinsichtlich der nun in zahlreichen Bundesländern wie Salzburg, Kärnten und Tirol erlassenen Weideschutzgesetze urteilte der EuGH ganz klar, dass jede Alm oder Weide immer im Einzelfall geprüft werden muss, welche Herdenschutzmaßnahme als gelinderes Mittel umsetzbar sind. Einer allgemein und bereits vorab festgelegten Einstufung, dass Almen nicht schützbar sind, wird damit klar eine Absage erteilt.

red
Akt.