Sofia Vergara ist "Griselda"

Comedy-Ikone wird zur bestialischen Killerin

Es ist eine Wandlung, die ihr viel kaum zugetraut hätten, aber die "Modern Family"-Darstellerin Sofia Vergara ist in "Griselda" eine Offenbarung. 

Fabian J. Holzer
Comedy-Ikone wird zur bestialischen Killerin
Sofia Vergara als Griselda Blanco in "Griselda"
ELIZABETH MORRIS/NETFLIX

Vorsicht! Wenn sie sich die sechs Episoden der Miniserie "Griselda" ab 25. Jänner auf Netflix anschauen, dann werden sie Sofia Vergara (51) nie mehr nur als die naive, aber von Herzen liebenswerte Gloria aus "Modern Family" sehen. Denn mit der auf wahren Figuren basierenden Serie der früheren "Narcos"-Macher, offenbart Vergara auch, dass sie schauspielerisch ein sehr viel breiteres Spektrum hat, als die allermeisten gedacht hätten.     

In "Griselda" spielt Vergara die kolumbianischer Drogenbaronin Griselda Blanco, die in den späten 1970er und den frühen 1980er Jahren die Drogenszene von Miami dominiert hat. Die Vorgeschichte der echten Griselda Blanco wird zwar in der Serie nur am Rande thematisiert, ist aber nicht unwichtig: Die aus ärmsten Verhältnissen in Kolumbien stammende Griselda war zuerst eine nicht extrem erfolgreiche Berufskriminelle, bevor sie Mitte der 1960er nach New York ging und dort einen Drogenring aufbaute. Doch dieser flog auf und Griselda musste sich wieder nach Kolumbien absetzen, wo sie schnell zur wichtigsten weiblichen Vertreterin des berüchtigten Medellín-Kartells wurde, das "Narcos"-Fans ja ausreichend gut als Heimat-Kartell von Drogen-König Pablo Escobar kennen. Das Haupt-Exportgut des Kartells war Kokain und zu Beginn von "Griselda" muss sich die Titelfigur ihre Kinder schnappen und wieder einmal flüchten, diesmal nach Miami. 

Disco, Sonne, Strand, Kokain und Killer auf Motorrädern:

In der Serie kommt Griselda in ein Miami, voller Disco-Musik, Drogen und vor allem Gewalt. Zunächst versucht sie sich mit legalen Jobs über Wasser zu halten, aber nachdem das nicht klappen will, beginnt sie jenes Kilo Kokain, das sie aus Kolumbien geschmuggelt hat, zu verkaufen. Und in kürzester Zeit startet Griselda ihren Aufstieg an die Spitze der lokalen Drogenmafia. Nachdem sie gnadenlos kaltblütig alle ermorden lässt oder selbst ermordet, die sich ihr in den Weg stellen, bekommt Griselda Blanco schnell die Beinamen "Die Schwarze Witwe" und "Die Patin". Nachdem im Miami zu Beginn der 1980 rund 70% des gesamten für die USA bestimmten Kokains abgewickelt wurde und dazu noch ein Großteil vieler anderer Drogen, brach auch ein offener Krieg zwischen rivalisierenden Gangs untereinander, aber auch mit der Polizei aus, der jährlich hunderte Todesopfer forderte. Griselda Blaco gilt auch als "Erfinderin" der sogenannten "Cocaine Cowboys", Killerkommandos, die von Motorrädern mit automatischen Waffen auf ihre Opfer schossen.   

Sofia Vergara muss sich als Griselda Blanco als alleinerziehende Mutter in der Drogenszene Miamis durchsetzen.
Sofia Vergara muss sich als Griselda Blanco als alleinerziehende Mutter in der Drogenszene Miamis durchsetzen.
COURTESY OF NETFLIX

In der Serie wiederholt sich ein ungewöhnliches Phänomen, das viele Fans schon bei "Narcos" an sich beobachten konnten: Die von Sofia Vergara verkörperte Hauptfigur ist eine durch und durch böse, brutale, sadistische und menschenverachtende Bestie. Aber sie ist so gut gespielt, dass man beim Zuschauen von dieser Figur fasziniert sein muss. Zwar versucht die Serie auch die menschliche Seite von Blanco zu beleuchten und sie als alleinerziehende Mutter in einer von Männern dominierten Welt zu zeigen, die sich gegen alle Widrigkeiten durchsetzen muss. Aber die immer radikalere Brutalität, mit der Griselda in der Show vorgeht, überschattet alles. Vergara schafft es, komplett in der Rolle aufzugehen und spätestens ab der zweiten Folge vergisst man, dass "Modern Family" jemals existiert hat. 

Die echte Griselda wurde auf exakt jene Methode getötet, die sie Jahre zuvor selbst "erfunden" hatte:

Was die Serie mit ihren sechs Episoden auch zeigt, ist der mentale und körperliche Verfall der Titelfigur, die aufgrund des Konsums ihrer eigenen Produkte nicht nur immer irrationaler wurde, sondern auch optisch zusehend abbaute. Am Ende der Serie ist man wirklich froh, dass sie 1985 verhaftet werden konnte. Obwohl Blanco für den Tod von mindestens 200 Menschen verantwortlich sein soll, konnte ihr neben Drogendelikten nur Totschlag in drei Fällen bewiesen werden, was ihr eine Haftstrafe von "nur" 20 Jahren einbrachte, aus der sie in den USA 2004 entlassen und nach Kolumbien abgeschoben wurde. Dort lebte die gesundheitlich schwer gezeichnete Griselda bis 2012, als sie von "Cocaine Cowboys", also jenem Motorrad-Killerkommando, das sie selbst erfunden hatte, erschossen wurde. 

Die wenigen überlebenden Kinder von Griselda Blanco haben jetzt übrigens sowohl Netflix, als auch die Darstellerin Sofia Vergara wegen des nicht autorisierten Darstellens ihrer Familie geklagt und wollten damit die weltweite Verbreitung von "Griselda" auf Netflix verhindern. Blancos Sohn Michael behauptet, dass er vor Jahren zwar Leute von Netflix getroffen hätte und dabei Geschichten von seiner Mutter erzählt habe, dafür aber nie entschädigt worden sei. Nachdem es sich bei der echten Griselda aber um eine öffentliche Figur gehandelt hat, sieht die Plattform jeder Klage sehr entspannt entgegen. Das fertige Produkt ist nichts, um es nebenbei zu schauen, aber die Miniserie ist fast so faszinierend, wie sie brutal ist. Und Vergara wird nach dieser Serie nun auch komplett andere Rollenangebote bekommen als bisher.   

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