Unbezahlte Pause

Chef zieht WC-Pause von Arbeitszeit ab – zurecht

Ein Gerichtsurteil in der Schweiz sorgt für Furore: Ein Arbeitgeber darf von seinen Angestellten verlangen, auszustempeln, wenn sie aufs Klo gehen.

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Chef zieht WC-Pause von Arbeitszeit ab – zurecht
Der Umgang mit Toilettenpausen der Mitarbeiter brachte ein Schweizer Unternehmen vor Gericht.
Getty Images/iStockphoto

Schweizer nehmen es bekanntlich mit der Pünktlichkeit von Zügen und Uhren ganz genau. Der Uhrenhersteller Jean Singer & Cie in Boudry im Kanton Neuenburg legt nochmal einen oben drauf: die Angestellten müssen ausstempeln, wenn sie auf die Toilette gehen. Dies fand "RTS" bei einer Recherche heraus.

Bei einer Corona-Kontrolle in 2021 bemerkte das Büro für Beziehungen und Arbeitsbedingungen in Neuenburg die Praxis der Stempelpflicht bei WC-Gängen. Sie zerrte den Fall vor Gericht – dort erhielt der Arbeitgeber recht.

Gesetzeslücke lässt Stempelzwang zu

Der Begriff der Pause ist im Gesetz nicht klar definiert, schreibt das Kantonsgericht in seinem Urteil. Somit kann das Gesetz dem Arbeitgeber nicht ausdrücklich verbieten, ein Ausstempeln bei Toilettenpausen zu verlangen. Allerdings weist das Urteil auch darauf hin, dass die Stempelpflicht die Frauen aufgrund ihrer Periode diskriminiere. Das Gericht verlangt von Jean Singer & Cie, dass Maßnahmen eingeführt werden, die diese Ungleichheit verringern würden.

Das Unternehmen begründet die Praxis damit, dass der Besuch der Toilette eine Arbeitsunterbrechung darstelle. Der Anwalt der Firma sagt dazu: "Ob es sich dabei um Toilettenpausen, Essenspausen, Ruhepausen, Telefonpausen oder um einen Spaziergang in der Natur handelt: Unabhängig vom Grund der Pause, muss sie gestempelt werden."

Angst vor Nachahmer

Der Kanton zeigt sich nicht gerade begeistert über das Urteil. "Ich hoffe, dass dieses Urteil keine Nachahmer bei anderen Unternehmen findet", sagte Regierungsrätin Florence Nater, zuständig für die Beschäftigung, gegenüber RTS. "Es ist schon ein starkes Signal", fügte sie an.

Auch die Unia Neuenburg zeigt sich besorgt. Für Gewerkschafterin Solenn Ochsner, die zuständig für den Industriesektor ist, geht das Problem weiter: "Wir werden oft auf andere Probleme hingewiesen, wie beispielsweise, dass gewisse Angestellte ein ärztliches Attest vorlegen müssen, wenn ihre Vorgesetzten der Meinung sind, dass sie zu oft auf die Toilette gehen".

Drei weitere Uhrenfirmen in Neuenburg lassen ihre Angestellten bei den WC-Pausen ausstempeln, wie RTS während der Recherche herausgefunden hat. "Sellita", "Universo" sowie "Rubattel und Weyermann" wollten dazu nicht Stellung nehmen.

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    21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist. Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, die aus Saudi-Arabien flüchteten.
    REUTERS

    Auf den Punkt gebracht

    • Eine Firma in Neuenburg verlangt von ihren Angestellten, dass sie sich ausstempeln, wenn sie aufs WC gehen müssen
    • Das Kantonsgericht hat dem Arbeitgeber nun auch recht gegeben, diese Praxis so durchzuführen
    • Die Gewerkschaft befürchtet nun, dass es Nachahmer geben wird
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