Österreich
Bürgermeister wegen Untreue, Betrug vor Gericht
Prozess am Dienstag am Gericht St. Pölten gegen den Ex-VP-Bürgermeister von Obritzberg-Rust (Bezirk St. Pölten). Er soll unter anderem Scheinanmeldungen durchgeführt haben.
Fünf Männer, darunter der ehemalige Ortschef (49) der über 2.000 Einwohner zählenden Gemeinde Obritzberg-Rust, der Ex-Bauhofleiter, ein Betriebsleiter (41) und zwei weitere Angeklagte (64, 74, Anm.: einer ist der Vater des Bauhofleiters) mussten am Dienstag auf die Anklagebank.
Die Vorwürfe gegen den vor knapp fünf Jahren zurückgetreten Ortschef Andreas Dockner: Untreue in sieben Fällen (Gesamtschadenssumme rund 6.000 Euro), Betrug in drei Fällen (Schaden rund 18.000 Euro), Missbrauch der Amtsgewalt in drei Fällen (Schaden rund 77.000 Euro) und ein Diebstahl (Schaden rund 5.000 Euro). Der ehemalige Bauhofleiter muss sich wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, Untreue und Missbrauch der Amtsgewalt verantworten. Dem Betriebsleiter wird "nur" Bestechung, den anderen beiden Angeklagten wird Untreue vorgeworfen.
Bis zu zehn Jahre Haft
Dem Ex-VP-Mann drohen im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft, dem Bauhofleiter bis zu fünf Jahre Haft, dem restlichen Trio bis zu drei Jahre Haft.
Der Prozess am Landesgericht Sankt Pölten ist für mindestens zwei Tage anberaumt. Da 28 Zeugen vor Gericht erscheinen müssen, dürfte der Prozess länger dauern. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.
Teilgeständnis
Beim Auftakt am Dienstag erschien ein Angeklagter wegen Krankheit (nach einem Sturz im Haushalt) nicht, ein Angeklagter wurde aus dem Verfahren ausgeschieden. Gegen 10 Uhr, nach Auflistung der Anklagepunkte, war der Anwalt des Bauhofleiters am Wort: "Mein Mandant bekennt sich nicht schuldig. Er hat sich in keinem einzigen Punkt strafbar gemacht."
Der Anwalt von Ex-Ortschef Andreas Dockner meinte: "Mein Mandant ist nur zu einem Teil geständig." Beim Prozess wurden auch die Vorwürfe gegen den Ex-Ortschef klarer: Er soll eine Gartenmauer auf seinem privaten Grundstück nicht bezahlt haben. Weiters soll er vier Golddukaten (1/10 Unze) gekauft haben, zwei Stück schenkte er beim Heurigen her (Anm.: an zwei Feuerwehrmitglieder, die kostenlos Lageplane für die Gemeinde erstellt hatten), zu den anderen zwei Stücke meinte der angeklagte Ex-Politiker: "Da war ich nicht mehr Bürgermeister." Auch Reisekosten nach Istanbul und Norwegen für sich und seine damalige Freundin (eine Gemeinderätin) soll der Bürgermeister verrechnet haben. "Das waren Ermessensausgaben, da war ich befugt", so der Angeklagte.
Einwohnerzahl gefälscht?
Der kurioseste Vorwurf: Der Bürgermeister hat laut Anklage unrichtige Eintragungen im Zentralen Melderegister vorgenommen. Damit soll er die Gemeinde über die 2.500 Einwohner-Schwelle gehoben haben und dadurch einen höheren Bezug bekommen haben. Denn nach dem Bezügesetz ist das Bürgermeistergehalt an die Einwohnerzahl geknüpft. Schaden dadurch: 14.000 Euro.
Einige Scheinanmeldungen gestand der Ex-Politiker. "Aber nicht wegen des Bezuges, sondern wegen der Wählerevidenz. Jede Wählerstimme zugunsten meiner Person war ein wichtiges Argument", so der ehemalige Gemeindechef. Das Überspringen der 2.500er-Marke sei kein Anreiz gewesen, auch ohne Scheinanmeldungen wäre diese Marke überschritten worden.
Der Prozess wird am Donnerstag in Sankt Pölten fortgesetzt, vermutlich wird es auch am Donnerstag kein Urteil geben - es sind noch zahlreiche Zeugen zu befragen.
Am Donnerstag die Fortsetzung: Am Wort waren der Ex-Bauhofleiter sowie ein Kanalreiniger. Beide bekannten sich nicht schuldig - der Prozess wird wieder vertagt werden. Am 30. November geht es weiter mit der Befragung von Zeugen.
(Lie)