Warnung an Bürger: "Wer daheim bleibt, wird sterben!"

Candice Briggs versucht stark zu bleiben, während sie mit den drei Kindern (3, 5, 7 Jahre) im Auto irgendwo auf der Staatsstraße 429 feststeckt, immer noch Stunden von dem Hotel entfernt, das sie nördlich von Jacksonville im US-Bundesstaat Florida gebucht hat. Denn ihre Kleinen bekommen alles mit, verstehen es aber nicht.

Vor nicht einmal zwei Wochen hat Hurrikan Helene das Haus der Familie überschwemmt. Fast einen halben Meter hoch stand das Wasser in ihrem Heim in Seminole in Pinellas County. Und nun müssen sie, ihr Ehemann, die Kids und der 14-jährige Malteser-Pudel-Mix erneut die Flucht ergreifen. Dieses Mal vor Hurrikan Milton, der so extrem an Kraft gewonnen hat, dass er innerhalb von 24 Stunden von Kategorie 1 in die höchste Kategorie 5 hochgestuft wurde.

"Die meisten Tränen habe ich aus Erschöpfung oder Dankbarkeit vergossen. Einfach, dass wir sicher sind und unseren Instinkten folgten", sagt sie mit Blick auf die Entscheidung zur Evakuierung. "Vor allem bin ich dankbar. Aber ich bin auch überwältigt und erschöpft", sagt sie. Man fühle sich machtlos. In Gedanken ist sie noch bei ihrem vom Sturm beschädigten Haus.

Tödliche Gefahr

Hurrikan Milton ist nach aktuellen Daten der sechststärkste atlantische Hurrikan, der je beobachtet wurde. Der Kerndruck von rund 920 Hektopascal (hPa) sei ein "extremer Wert für den Nordatlantik", so die Experten der UBIMET auf X.

Auch die Meteorologen von Kachelmannwetter blicken mit Sorge über den Atlantik: "Derzeit um das Auge Mittelwinde bis knapp 280 km/h! So eine klassische Kat 5-Kreissäge sieht man über dem Golf von Mexiko nur selten", sprechen sie auf X von einem "sehr gefährlichen Hurrikan".

"Extrem ernste Bedrohung"

Bei den Messungen des Kerndrucks im Auge Miltons Dienstag Mitternacht (UTC) wurde laut US-Wetterbehörde NOAA mit 897 hPa "beinahe ein Rekordwert" – je niedriger, desto gefährlicher – erreicht. Die Warnung an alle: "Milton stellt eine extrem ernste Bedrohung für Florida dar und die Anwohner sind dringend aufgefordert, den Anordnungen der örtlichen Behörden zu folgen.

Meterhohe Sturmfluten

Das Epizentrum der Katastrophe wird im Raum Tampa Bay erwartet. Die US-Wetterbehörde NOAA rechnet mit Sturmfluten von bis zu viereinhalb Metern Höhe. Überschwemmungen sind entlang der ganzen Küste Floridas, von den Keys im Süden bis nach Indian Pass im Norden, wahrscheinlich. Selbst an der Ostküste und damit auch in den Bundesstaaten Georgia und South Carolina sind noch Flutwellen mit über einem Meter Höhe möglich.

Die Evakuierungsmaßnahmen sind in vollem Gange. Die Bürgermeisterin von Tampa, das das volle Ausmaß der Naturgewalt abbekommen wird, warnt im Fernsehen alle Bürger mit dramatischen Worten: "Das ist etwas, was ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen habe – niemand, der in der Tampa-Bay-Region geboren wurde und aufgewachsen ist, hat so etwas schon gesehen. Die Menschen müssen schleunigst weg! Ich kann ohne jegliche Dramatisierung sagen: Wenn Sie sich dafür entscheiden, in einem dieser Evakuierungsgebiete zu bleiben, werden Sie sterben", so Jane Castor.

Auch der erfahrene TV-Meteorologe John Morales ist sich der Zerstörungskraft des anrauschenden Sturmes nur zu sehr bewusst. Er brach während seiner Sendung fast in Tränen aus.

"Es ist ein einfach unglaublicher, unglaublicher Hurrikan...", begann der Wetter-Experte seinen Bericht. Beim Verlesen der Daten brach ihm beinahe die Stimme weg. "Entschuldigen Sie, es ist einfach schrecklich", presste er noch hervor. Sichtlich mitgenommen führte er den Beitrag fort. Ursache der Katastrophe sei das "extrem heiße" Meer. "Es sind Rekordtemperaturen. Sie wissen, was das befeuert … Erderwärmung, Klimawandel haben dazu geführt und werden eine zunehmende Bedrohung".

Die deutsche Klimaaktivistin Luise Neubauer mahnt angesichts der Horror-Situation: "Die Lage in den USA kurz vor dem nächsten Hurricane erinnert jede Stunde mehr an eine Science-Fiction Verfilmung. Wir haben ein Klimaregime geschaffen, das gegen uns arbeitet."