Wien
Bürgerbefragung im Sommer verärgert Anrainerinitiative
Bis 12. August können manche Brigittenauer entscheiden, ob die Othmargasse zur Wohnstraße wird. Eine Inititiative vermutet "Hintergedanken".
Seit Jahren fordern Anrainer und die Bürgerinitiative "20er*innen" eine Verkehrsberuhigung rund um den Hannovermarkt (Brigittenau). Dabei wurden immer wieder auch die Forderungen nach der Umwandlung der Othmargasse in eine Fußgängerzone und dem Ausbau des Radwegenetzes laut. Friedlich geht es dabei nicht immer zu, immer wieder erhebt die Bürgerinitiative schwere Vorwürfe gegen Bezirkschef Hannes Derfler, der diese zurückweist, wir haben berichtet.
Aktueller Anlass für den Unmut in der Brigittenau ist eine Bürgerbefragung zur möglichen Umgestaltung der Othmargasse in eine Wohnstraße. Die Bürgerinitiative wünscht sich weiter eine Fußgängerzone, die rund um die neuralgische Kreuzung Othmargasse und Hannovergasse das endlose Kreisen von Autos im Viertel unterbinden soll und eine Benutzung der anliegenden Tiefgarage fördert könnte. Doch die von der Bezirksvorstehung zurate gezogenen Experten lehnten diese Lösung als unrealistisch ab.
Bürgerbefragung in Sommerferien sorgt für Unmut
Als Gegenvorschlag lässt nun Bezirkschef Hannes Derfler (SPÖ) abstimmen, ob die Anrainer statt der FuZo eine Wohnstraße möchten. Rund zweieinhalb Wochen, von 27. Juli bis 12. August können die Bewohner des Grätzl rund um die Othmargasse online die Frage beantworten, ob sie eine Umwandlung der Othmargasse in eine Wohnstraße haben möchten. Die Abstimmung dauert nur wenige Sekunden – einfach Ja oder Nein anklicken und fertig.
Der streitbaren Bürgerinitiative stößt das sauer auf. Gegenüber "Heute" übt sie scharfe Kritik an der Bürgerbefragung "mitten in der Urlaubszeit" und daran, dass jeder Haushalt nur eine Stimme hat. Zudem sei das Schreiben, mit dem Bezirkschef Derfler zur Umfrage einlädt, "ein Versuch der Beeinflußung".
Grund: Derfler weist in seinem Brief an die Grätzlbewohner daraufhin, dass durch die Umwandlung der Othmargasse in eine Wohnstraße Parkplätze wegfallen würden. Die20erInnen sehen darin einen Versuch, das Abstimmungsverhalten der Bürger zu beeinflußen. "Überdies scheint der Rahmen dieser Befragung so abgesteckt zu sein, dass verhältnismäßig weit mehr Menschen aus den Nebenstraßen befragt werden, als in der Othmargasse selbst wohnen. Im Zusammenhang mit der ausgegebenen Warnung drängt sich die Vermutung auf, dass ablehnende Mehrheiten provoziert werden sollen", so die Bürgerinitiative. Zudem sollen direkte Bewohner der Othmargasse keinen Zugangscode für die Befragung bekommen haben.
"Hinweis auf Konsequenzen nur fair"
Auf Rückfrage von "Heute" erklärt Derfler, es sei nur fair, dass man vor der Umgestaltung auf deren Auswirkungen hinweise. Den Vorwurf, dass man damit den Ausgang der Befragung beeinflußen wollte, wies der Bezirk aber klar zurück. Und, trotz des vielleicht überraschenden Timings für eine Bürgerbefragung, bleibe trotz Sommerferien Zeit genug, die eine Frage zu beantworten.
Ob die direkten Bewohner der Othmargasse tatsächlich keine Zugangsdaten zur Umfrage bekommen hätten, will der Bezirk nun prüfen. Das jeder Haushalt nur eine Stimme habe, wird aber verteidigt: "Warum sollte eine siebenköpfige Familie mehr wert sein als ein Singlehaushalt?", heißt es.
Sobald das Ergebnis der Bürgerbefragung vorliegt, wird diese im Bezirksparlament diskutiert. "Wenn sich die Mehrheit für eine Wohnstraße ausspricht, so werde ich mich für deren Umsetzung einsetzen", verspricht Derfler. Heuer werde sich das aber wohl nicht mehr ausgehen, so der Bezirk.
Bürgerinitiative "outet" sich in Schreiben als Wohnstraßen-Befürworter
Trotz aller Kritik dürfte die Bürgerinitiative aber sehr wohl für die Umsetzung einer Wohnstraße sein. In einem Schreiben des "20erInnen"-Sprechers Otto Mittmannsgruber an Bezirksvorsteher Derfler heißt es: "Auch wenn die Einrichtung einer Wohnstraße kaum eine verkehrsberuhigende Wirkung entfalten wird, weil sich zu wenige KFZ-Nutzerinnen und Nutzer an das Durchfahrtsverbot einer Wohnstraße halten (wie das täglich auf der Wohnstraße vor dem Bezirksamt beobachtet werden kann), befürworten die 20er*innen grundsätzlich jeden Versuch, die Lage zu beruhigen, und treten deshalb in diesem Fall für eine Zustimmung ein.