Erster Fall in Österreich
Bub (11) schrie nach "Hot Chip Challenge" vor Schmerzen
In sozialen Medien sind Mutproben mit dem angeblich schärfsten Tortilla-Chip der Welt im Trend. In Österreich gibt es erste Opfer, die AGES warnt.
Ein extrem gefährlicher Trend schwappt derzeit von den USA über Deutschland nach Österreich herüber: Kinder und Jugendliche probieren den sogenannten "Hot Chip" – einen Tortilla-Chip mit der schärfsten Chili-Sorte der Welt (Carolina Reaper) – aus und filmen sich dabei. Die Videos werden anschließend in sozialen Medien wie TikTok und Instagram verbreitet. Der Hersteller "Hot Chip" aus Tschechien ruft sogar mit dem Slogan "Glaubst du, dass du es draufhast?" zu den äußerst fragwürdigen Mutproben auf.
Doch es ist Vorsicht geboten: Denn die "Hot Chip Challenge" kann zu schweren Gesundheitsschäden führen. Im Mund breitet sich sehr schnell ein scharfer, brennender Geschmack aus, die Schleimhäute schwellen an, die Augen tränen und oft setzt akute Atemnot ein. Auch Übelkeit, Erbrechen und Bluthochdruck können Folgen des "Hot Chip" sein – sein Schärfegrad entspricht etwa dem Vierhundertfachen von Tabasco-Soße. Die AGES hat am Mittwoch eine Lebensmittel-Warnung wegen "gesundheitsschädlicher Schärfe" rausgegeben.
Kinder können kaum atmen und übergeben sich
So wundert es wenig, dass in den Videos Kinder und Jugendliche zu sehen sind, die kaum noch atmen können, sich in Mistkübel übergeben oder Grußbotschaften aus dem Spital senden. In Deutschland kam es bereits zu mehreren Notarzt-Einsätzen, in Garmisch-Partenkirchen endete die Kostprobe für zwei Mädchen (13, 14) mit Magenkrämpfen und Atembeschwerden im Krankenhaus. In den USA starb sogar ein 14-Jähriger nach einer derartigen Challenge.
Und nun dürfte der negative Trend auch in Österreich angekommen sein: "Ich hatte einen Notfall in meiner Ordination. Vor etwa drei Monaten kam ein elfjähriger Bub in meine Praxis. Er hatte den 'Hot Chip' von einem Freund bekommen und ihn als Mutprobe gegessen", berichtet der Floridsdorfer Kinderarzt Georg Maiwald.
„Aufgrund des unerträglichen Brennens schrie und weinte er vor Schmerzen – so sehr, dass seine Freunde und seine Mutter Angst bekommen haben“
Der Bub litt unter massiver Atemnot und hatte fürchterliche Schmerzen: "Aufgrund des unerträglichen Brennens schrie und weinte er vor Schmerzen – so sehr, dass seine Freunde und seine Mutter Angst bekommen haben. Sie sind dann in eine Spitalsambulanz, wo der Bub behandelt wurde. Er erhielt anti-allergische Medikamente, etwas, das die Bronchien öffnet und etwas gegen die Schmerzen", erklärt der Mediziner.
Da Maiwald als Arzt und vierfacher Vater den Trend für Kinder und Jugendliche sehr gefährlich hält, informierte er den Verein für Konsumenteninformation (VKI). Der VKI veröffentlichte daraufhin auf seiner Homepage eine Warnung. Gefährlich ist beim "Hot Chip" – er wird gemeinsam mit einem Handschuh einzeln in einer Sarg-Verpackung verkauft – vor allem der stark schwankende Capsaicin-Wert.
Austro-Händler nahm "Hot Chip" aus Sortiment
In Bayern und Baden-Württemberg wurde ein Verkaufsverbot für das Produkt erlassen, nun stellte "Hot Chip" den Export nach Deutschland gänzlich ein – betont aber zugleich immer wieder, dass alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Auch in Österreich zeigen Händler einen gewisse Vorsicht gegenüber dem megascharfem Chip: So hat etwa "Snack Shop Austria"-Geschäftsführer Sunit Jairath den "Hot Chip" im Sommer für etwa zwei Monate um 9,99 Euro angeboten, ihn dann aber wieder aus dem Sortiment genommen: "Wegen der Vorfälle in Deutschland und Holland, wir sind lieber vorsichtig."
Da der Chip erst ab 18 Jahren erhältlich ist, wurde bei Jairath immer das Alter des Kunden überprüft: "Wenn Jugendliche den 'Hot Chip' kaufen wollten, mussten sie ihre Eltern mitbringen." Beschwerden von Kunden über Beschwerden habe es nie gegeben, er selber hätte den Chip aber nie probiert: "Der wäre mir zu scharf."
Keine Beschwerden bei Behörden
Der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sind noch keine diesbezüglichen Beschwerden bekannt: "Grundsätzlich veröffentlichen wir Produktrückrufe, die bereits von Herstellern veröffentlicht wurden, um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Produktwarnungen veröffentlichen wir im Auftrag des Gesundheitsministeriums, wenn ein Hersteller seiner Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit nicht nachkommt und eine Gemeingefährdung durch gesundheitsschädliche Waren vorliegt", heißt es.
Auf "Heute"-Anfrage beim Gesundheitsministeriums erklärt eine Sprecherin, dass "in Österreich noch keine Fälle von Hospitalisierungen vorliegen." Für Produkt-Rückrufe im Lebensmittelbereich sei die AGES zuständig.