Polit-Beben

Brexit-Gegner als Premier: Kehren Briten in EU zurück?

Keir Starmer und die Labour-Partei haben die britischen Parlamentswahlen gewonnen. Was wird sich nun in Großbritannien ändern?

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Brexit-Gegner als Premier: Kehren Briten in EU zurück?
Keir Starmer, Chef der britischen Labour-Partei wird wohl künftiger Premierminster des Landes.
REUTERS

Die Briten haben gewählt. Nach 14 Jahren konservativer Tory-Regierungen konnte die oppositionelle Labour-Partei die Parlamentswahlen haushoch für sich entscheiden: Sie dürfte 410 der 650 Sitze im Unterhaus stellen, rund doppelt so viele wie bisher. Schon bevor die Wahllokale am Donnerstagmorgen öffneten, galt Labour-Chef Keir Starmer als Sieger.

Experten sagen, dass Labour vor allem vom Frust der Wählerinnen und Wähler über die Konservative-Regierung profitieren konnte. Doch was wird sich nun in Großbritannien verändern? Vier Fragen zur neuen Ära Starmer.

Was wird Starmer in seinen ersten Monaten verändern?

Vorerst nicht viel, glaubt Mark Garnett, Polit-Analyst an der Lancaster Universität. Und das, obwohl sich der Labour-Vorsitzende während des Wahlkampfs immer als die große Veränderung präsentiert hat. Das Land habe eine turbulente Zeit hinter sich, betont der Experte. "Über die letzten Jahre zeigte die Tory-Partei, dass sie nicht in der Lage ist, dieses Land zu regieren." Starmer wolle mit Labour kompetenter auftreten: "Ich glaube, dass es sein oberstes Ziel sein wird, Ruhe und Stabilität reinzubringen."

Die Wirtschaft erlaube es dem neuen Premierminister derzeit nicht, große und dramatische Veränderungen anzustreben. Garnett: "Ehrgeizige Ziele wird er wohl bis in seiner zweiten Amtszeit ruhen lassen." Dennoch werden wohl die Themen des Gesundheitswesens, der Migration und der wirtschaftlichen Lage seine nächsten Jahre dominieren.

Starmer setzte sich damals vehement gegen den Brexit ein. Gibt es nun ein zweites Referendum?

Es ist bekannt, dass Starmer klar gegen den Brexit war. 2019 hieß es von Seiten seiner Partei, dass man ein zweites Referendum unterstützen würde. Nach der damaligen Wahlniederlage hat Labour das Thema umschifft – so auch in den vergangenen Wochen. Starmer hat sich kaum zum Thema geäußert. Am Mittwoch gab es jedoch etwas Klarheit: Gegenüber den Medien sagte der Labour-Chef, dass er nicht glaube, dass Großbritannien zu seinen Lebzeiten wieder der EU, dem Binnenmarkt oder der Zollunion beitreten werde. Der "Guardian" sprach daraufhin von Starmers "entschiedenstem Versprechen" während seines Wahlkampfs.

Auch Garnett ist sich sicher, dass Starmer den Brexit-Entscheid und die britische Mehrheit respektieren wird. Dennoch glaubt er, dass der neue Premier langfristig eine Annäherung und ein Abkommen anstreben wird, welches den Bilateralen Verträgen der Schweiz gleicht.

Und was passiert mit dem Ruanda-Plan?

Zum Ruanda-Plan fand der Labour-Vorsitzende schon im Frühling klare Worte: "Wir werden das Vorhaben streichen, das heißt, keine Flüge und kein Ruanda-Plan", sagte Keir Starmer Anfang Mai gegenüber BBC. Er wolle seine Zeit nicht mit "bereits gescheiterten Plänen" verschwenden. Stattdessen plane er die eingesparten Gelder zu verwenden, um Spezialermittler einzustellen. Diese sollen gegen Menschenschmuggler vorgehen, die Migrantinnen und Migranten in kleinen Booten über den Ärmelkanal schicken.

Ist dieses Wahlergebnis das Ende der Tories?

Kurz vor den Wahlen betonten Experten, die Konservativen seien nur noch auf Schadensbegrenzung aus. Der Niedergang der Tories war gemäß Umfragen abzusehen. Schon bei den lokalen Wahlen im Mai hat die Tory-Partei ein schlechtes Resultat eingefahren.

Gründe für ihren Niedergang gibt es viele. Unter anderem haben zahlreiche Skandale und Affären, vor allem unter dem ehemaligen Premierminister Boris Johnson, das Vertrauen der Menschen in die Partei zerstört. Hinzu kommt wirtschaftliche Stagnation.

Einen Blick in die Zukunft der Partei zu wagen, sei schwierig. "Es wäre aber denkbar, dass die Conservatives, wie wir sie heute kennen, bei den nächsten Wahlen in fünf Jahren nicht mehr existieren werden", sagt Garnett. Der Grund dafür: "Die Positionen innerhalb der Partei driften immer weiter auseinander und sind kaum mehr miteinander vereinbar." Deshalb glaubt er, dass aus den Tories zwei neue Parteien entstehen könnten: "Der Rechtsaußenflügel könnte eine Partei gründen und dann täten sich auch die Mitte-Rechts-Politiker neu zusammen."

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