Webseiten für alle
Blinder Wiener räumt jetzt im Netz Barrieren weg
Eine Netzhaut-Abhebung nahm Hannes Kammerhofer das Augenlicht. Nun macht der 35-Jährige sichtbar, wie wenig Webseiten auf Behinderte eingehen.
Seine gute Laune ist ansteckend. Von seinen großen, gesundheitlichen Herausforderungen hat sich Hannes Kammerhofer nie entmutigen lassen – im Gegenteil. Der 35-Jährige ist Spastiker und hat eine Gehbehinderung, die seine Hüfte stark in Mitleidenschaft gezogen hat. Auch seine Augen machten ihm schon als Kind Probleme. Vor fünf Jahren merkte der Wiener aber, dass sich die Situation rapide verschlimmerte. "Ich hatte eine Netzhaut-Abhebung, bei der mein Sehvermögen immer schlechter wurde", erzählt er im "Heute"-Gespräch.
Nach der Erblindung hat er eine Mission
Trotz mehrerer Operationen ist er inzwischen blind. Kammerhofer hatte lange Zeit noch geringe Sehkraft auf einem Auge und konnte noch Schattierungen erkennen. Doch der Druck wurde auf dem besseren Auge plötzlich so stark, dass er die Schmerzen kaum mehr ertragen konnte. Er musste es herausoperieren und trägt inzwischen ein Glasauge. "Ich musste viel umlernen", beschreibt er seinen schweren Weg ohne Selbstmitleid.
Was dabei wurde für den Wiener immer klarer: Im Internet wird kaum auf die Bedürfnisse von (seh-)behinderten Menschen eingegangen. Der Angestellte hat es sich deshalb zum Ziel gemacht, "Menschen und Unternehmen, sowie Apps und Plattformen im Internet barrierefrei zu machen." Auf seiner (natürlich barrierefreien) Webseite lebenohnehindernis.at vermittelt der 35-Jährige nun direkt an einen Freund weiter, der heimische Homepages behindertengerecht umgestaltet.
Bis zu 1.000 Strafe
"Es gibt seit 2016 ein EU-Gesetz zu Barrierefreiheit, doch kaum jemand in Österreich hält sich daran", ärgert sich Kammerhofer. Das neue, österreichische Barrierefreiheits-Gesetz verpflichtet heimische Unternehmen nun ab Juni 2025, nur noch barrierefreie Produkte auf den Markt zu bringen, sofern das möglich ist. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Informations- und Kommunikations-Technologie. Bei Ämtern soll der Zugang für Menschen mit Behinderung bereits im kommenden Jahr umgesetzt werden. Wer das nicht umsetzt, könnte in Zukunft bis zu 1.000 Euro Strafe zahlen.
Genau da setzt der Wiener nun an. "Es braucht ein grundsätzliches Verständnis, dass es andere Leute gibt, die Handicaps haben." Der größte Stolperstein sei bisher die Darstellung, die meist viel zu klein ist. Blinde Menschen benutzen häufig Screenreader, die Schriftliches im Netz vorlesen. Um Bilder in Sprache zu übersetzen, muss eine entsprechende Foto-Beschreibung vorhanden sein, die jedoch bei den meisten Seiten fehlt. "Positiv aufgefallen sind mir nur orf.at in Wien und Niederösterreich, der Wiener Hauptbahnhof und der Stephansdom", so Kammerhofer. Er wünscht sich, dass möglichst viele Andere diesem Vorbild folgen.