Nach Aufreger-Interview

"Bei Fakten bleiben": Minister weist Wien-Vize zurecht

Nach den Aussagen von Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) in der ZiB2 klärt Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) jetzt auf.

Lukas Leitner
"Bei Fakten bleiben": Minister weist Wien-Vize zurecht
Bildungsminister Martin Polaschek bekrittelte die Aussagen von Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr in der Zib2 scharf.
Picturedesk; Helmut Graf; "Heute"-Collage

Österreich hat ein Problem mit ausufernder Jugendgewalt, Familiennachzug, Integrationsprobleme, und Schulkinder, die zu schlechtes Deutsch sprechen, hielt NEOS-Bildungsstadtrat und Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr am Mittwoch in der ZiB2 fest. Die Arbeit des Innenministeriums sei ungenügend. "Es ist tatsächlich besorgniserregend, was wir hier die letzten Wochen gesehen haben", sagte er dabei gleich zu Beginn. Menschen, die sich nicht integrieren, nannte er zudem "Gfraster" – "Heute" berichtete ausführlich.

"Bissl viel Verantwortung"

Schon Armin Wolf musste im Interview – nach den ganzen Forderungen des pinken Stadtrats – fragen: "Schieben Sie da nicht ein bissl viel Verantwortung einfach weg?" Wiederkehr aber verneinte und löste damit eine hitzige Debatte aus. Denn Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) hat eine gänzlich andere Meinung und donnerte in einer Aussendung gegen den Stadtrat.

"Bleiben Sie bei den Fakten und nehmen Sie endlich Ihre politische Verantwortung wahr!", schoss er gleich zu Beginn gegen den NEOS-Politiker. Immerhin habe er als Bildungsminister auf die Missstände "rasch" reagiert und die finanziellen Ressourcen im Bildungsbereich umfassend aufgestockt – um 47 Millionen Euro. Von diesen zusätzlichen Mitteln würde Wien sogar am meisten profitieren.

Trotz Aufstockung – Wiederkehr wälzt ab

Konkret werde es in Wien nämlich 6,9 Millionen Euro mehr an finanziellen Mitteln und 85 zusätzliche Planstellen geben. Zudem wurden die Ressourcen für die Deutschförderung zuletzt um 30 % auf 40 Millionen Euro aufgestockt. Für die Bundeshauptstadt ergeben sich daraus 231 Plenarstellen und 18,7 Millionen Euro. Zusätzlich bekomme Wien 40,11 Prozent aller zusätzlichen Ressourcen für die Deutschförderung, fasste Polaschek zusammen.

Weiter erklärte der Bildungsminister zwar, dass die Herausforderungen im Bildungssystem natürlich nur gemeinsam zu lösen seien, das aber nicht funktioniere, wenn Wiederkehr "andauernd versucht, seine politische Verantwortung auf den Bund abzuwälzen".

Wiederkehr muss Verantwortung übernehmen

"So wie wir auf Bundesseite unsere Hausaufgaben machen, gilt das auch für die Stadt Wien. Ich appelliere daher an Herrn Vizebürgermeister Wiederkehr, endlich seine Rolle als Oppositionspolitiker zu verlassen, bei den Fakten zu bleiben und für seinen Tätigkeitsbereich die Verantwortung zu übernehmen", polterte Bildungsminister Polaschek.

Die Zusammenarbeit mit der Stadt Wien würde immerhin in anderen Bereichen gut funktionieren, erklärte der türkise Minister. Das zeige sich beispielsweise bei der Gesundheit oder im Hochschulwesen. Die erst kürzlich unterzeichnete Zielvereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen der Medizinuniversität und dem AKH Wien sei der Beweis dafür.

NEOS kontern sofort

Die Antwort von Polaschek dürfte den NEOS aber nicht gefallen haben, denn sie konterten sofort. "Würde der Bildungsminister auf all die Herausforderungen, die wir im Bildungssystem – gerade in der Bundeshauptstadt – haben, genauso schnell reagieren wie auf die gestrige ZIB2, dann stünde Österreich im internationalen Vergleich viel besser da", gab NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre zurück.

"Wenn Minister Polaschek also von Fakten spricht, dann sollte er auch erklären, warum das Bundesbudget im Bildungsbereich massiv hinterherhinkt. Während das Gesamtbudget in der Regierungszeit von ÖVP und Grünen nämlich inflationsbereinigt um satte 30 Prozent gestiegen ist, sind es im Bildungsbereich nur läppische fünf Prozent", fuhr Sarre fort.

Auch Wiederkehr erwiderte die Aussagen des ÖVP-Politikers: "Wenn ein Bildungsminister nicht einmal weiß, was die Pflichtschulen brauchen, dann kann das für das Land nicht gut sein." Außerdem sei es eine Tatsache, dass Wien "bis dato keinerlei zusätzliche Ressourcen aufgrund der Familienzusammenführung erhalten hat", dementierte der Stadtrat die Aussagen von Polaschek. Die Zahl der Plenarstellen sei dabei viel zu gering, denn knapp 80 Prozent der Familienzusammenführungen würden auf Wien zurückfallen.

Das erwartet sich Wiederkehr

"Das Gebot der Stunde sollte sein, dass besonders herausgeforderte Regionen mehr Mittel erhalten, und nicht weniger. Und Wien hat ganz klar andere Herausforderungen im Zuge der Familienzusammenführungen als etwa der ländliche Bereich. Lehrkräfte können in diesem Zusammenhang nicht einfach fast ausschließlich nach der reinen Schüleranzahl verteilt werden – das sollte auch Minister Polaschek längst klar sein", so Wiederkehr.

Der Wiener Bildungsstadtrat wünsche sich daher ein rasches Handeln: "Wien hat seine Hausaufgaben gemacht und eine Reihe von konkreten Maßnahmen mit zusätzlichem Schulraum, Orientierungsklassen und begleitenden Programmen zur bestmöglichen Integration von Kindern und Jugendlichen, die im Rahmen der Familienzusammenführung zu uns gekommen sind, umgesetzt. Ich erwarte mir vom Bildungsministerium rasch Unterstützung, die man auch als solche bezeichnen kann", so Wiederkehr abschließend.

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com

    Auf den Punkt gebracht

    • Der NEOS-Stadtrat Christoph Wiederkehr äußerte sich besorgt über Jugendgewalt, Integrationsprobleme und mangelnde Deutschkenntnisse bei Schülern in Wien
    • In Reaktion darauf betonte Bildungsminister Martin Polaschek, dass der Bund bereits Maßnahmen ergriffen habe, um diese Herausforderungen anzugehen, und forderte Wiederkehr auf, seine politische Verantwortung wahrzunehmen und nicht auf den Bund abzuwälzen
    • Polaschek betonte die gute Zusammenarbeit mit Wien in anderen Bereichen wie Gesundheit und Hochschulwesen
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