Alarmierende Studie
Aufreger: Über zwei Monate warten auf Augenarzt-Termin
Daten zeigen, wie schlimm die Zwei-Klassen-Medizin in Österreich wirklich geworden ist.
Dieses Thema wird heiß diskutiert: Die unvorstellbar langen Wartezeiten auf einen Termin bei einem Facharzt mit Kassenvertrag. Dutzende Leser meldeten sich bei "Heute" und beschrieben schlimme Zustände.
User Roni Oswald über seine Erfahrungen mit Wartezeiten: "Internist: als Bestandspatient 7 Monate (!!!). Hautarzt für Allergietest 4 Monate." Elisabeth V. erklärt in ihrem Posting, warum die Zwei-Klassen-Medizin zum Mega-Thema wird: "Bevor ich 2 Monate auf einen Termin warte, und dann immer noch ewig im heillos überfüllten Wartezimmer sitze, um dann in 2 Minuten mit einem Rezept voll Medikamenten abgespeist werde, weil der /die Arzt /Ärztin sich einfach nicht mehr Zeit nehmen kann, gehe ich allemal lieber zum Wahlarzt."
Längste Wartezeit beim Augenarzt
Jetzt zeigt eine Studie, wie lange wir wirklich auf einen Termin bei einem Facharzt warten müssen. Gemeint sind die, die nicht extra bezahlt werden müssen, bei der die E-Card also angenommen wird. Die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) hat die Daten für "Heute" ausgewertet.
Es ist erschreckend: Knapp die Hälfte der Patienten (48 %) warten länger als zwei Monate auf einen Augenarzt-Termin. 45 % sind es bei Hautärzten (siehe Grafik).
Manche müssen sogar beim Hausarzt monatelang warten
Basis der Studie sind 2.010 Interviews in Oberösterreich, durchgeführt vom IFES-Institut für die AK. Am besten schnitten – logischerweise – Allgemeinmediziner ab. Hier kamen 58 % der Patienten in weniger als zwei Wochen dran. Aber: Auch beim Hausarzt mussten 18 % länger als zwei Monate ausharren, bis sie in die Ordination durften.
Die Studie zeigt auch, dass für mehr als die Hälfte aller Menschen die langen Wartezeiten eine "erhebliche Belastung" bedeuten, ihre Lebensqualität sei "stark eingeschränkt". Nur 18 % sagen in dieser Studie, sie haben "selten oder nie" unter langen Wartezeiten litten.
Dennis Tamesberger von AK Oberösterreich: "Die bei der Zusammenlegung der Krankenkassen groß angekündigte Patientenmilliarde war nichts weiter als ein Marketing-Gag. Die Realität? Unser Gesundheitssystem wird immer mehr zu einer Zwei-Klassen-Medizin. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung darf nicht vom eigenen Geldbörserl abhängen."
Bereits am Donnerstag präsentierte die Ärztekammer Wien eine weitere Untersuchung, die die Misere im Gesundheitssystem verdeutlicht. Demnach wartet man auf einen Termin bei einem Kinder- oder Jugend-Psychiater 90 Tage, auf einen Radiologen 57 Tage.
Grund für die Misere: Immer mehr Fachärzte pfeifen auf Kassenverträge. Beispiel: Von allen Hautärzten Österreichs sind fast drei Viertel (71 %) privat zu bezahlen, das zeigen Daten aus dem Gesundheitsministerium. Die Folge: Patienten auf der Suche nach spezialisierten Ärzten müssen entweder extra bezahlen, um bei einem Wahlarzt schnell dranzukommen, oder sie nehmen eben die langen Wartezeiten in Kauf – "Heute" berichtete.
Gesundheitskasse will "Lage verbessern"
Reaktion aus der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) gegenüber "Heute": "Natürlich will die ÖGK die Situation mittel- und langfristig verbessern. Um mehr Ärzt*innen für den niedergelassenen Bereich zu gewinnen, ist die ÖGK dabei moderne Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dazu zählt auch ein attraktives Honorar, das deutlich über jenem von Spitalsärzt*innen oder Wahlärzt*innen liegt."
Zusätzlich verbessere die ÖGK Arbeitsbedingungen: "Etwa das Teilen von Kassenverträgen, unterschiedliche Zusammenarbeitsformen wie Gruppenpraxen oder Primärversorgungseinheiten, in denen unterschiedliche Gesundheitsberufe gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten zusammenarbeiten."
Wenigstens gibt es bürokratische Erleichterungen für Menschen, die den Arzt-Terminstress umgehen und sich einen Wahlarzt leisten. Ab Juli müssen Ärzte – auf Verlangen des Patienten – selbst die ausgestellte Rechnung bei der Krankenkasse einreichen.