Terror-Prozess in Wien
Auf Mistkübler geschossen – IS-Anhänger vor Gericht
Vor dem Wiener Straflandesgericht müssen sich ein 17- und ein 18-jähriger Anhänger der Terror-Miliz "Islamischer Staat" wieder verantworten.
Am Montag und Dienstag müssen sich ein 17- und ein 18-jähriger Anhänger der Terror-Miliz "Islamischer Staat" wieder vor dem Wiener Straflandesgericht verantworten. Beide waren bereits zuvor wegen terroristischer Vereinigung zu teilbedingten Haftstrafen verurteilt worden.
Der Jüngere fasste Ende Jänner 21 Monaten teilbedingt aus, nachdem er sich an seiner Schule als IS-Propagandist betätigt hatte. Er war außerdem mit einem Messer in die Schule marschiert, ritzte einem Klassenkollegen ein IS-Schriftzeichen in ein Schulbuch und zeigte gewaltverherrlichende IS-Videos. Dazu hat er einen Pfeiler der Brigittenauer Brücke mit dem IS-Logo besprüht und war der Polizei aufgefallen, als er mit einer Machete bewaffnet, auf der das IS-Symbol prangte, durch Wien patrouillierte.
Unter Anrechnung der U-Haft kam der 17-Jährige Anfang März auf freien Fuß. Doch bereits kurz darauf tat er sich laut Anklage mit dem um ein Jahr älteren IS-Anhänger zusammen, um erneut einschlägiges Propagandamaterial, darunter Werbebroschüren für den IS und Rekrutierungsvideos zu verbreiten.
Schüsse auf MA48-Mitarbeiter
Am 19. Mai sollen die beiden aus dem Küchenfenster der Wohnung der Freundin des 17-Jährigen in Wien-Favoriten mit einem Luftdruckgewehr auf einen auf einer Parkbank sitzenden MA48-Mitarbeiter geschossen und den Mann am Oberschenkel verletzt haben. "Ich bekenne mich schuldig, dass ich geschossen habe. Mehr möchte ich dazu nicht sagen", so der 17-Jährige.
Neben terroristischer Vereinigung (§278b StGB) müssen die zwei daher im auf zwei Tage anberaumten Prozess auch wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Verstöße gegen das Waffengesetz gerade stehen. Aufgrund ihrer Vorstrafen hätten sie die insgesamt drei Luftdruckgewehre gar nicht erwerben und besitzen dürfen.
„Wir wollten mit was spielen“
Der 17-Jährige, der sich wie der 18-Jährige seit Mitte Mai wieder in Gewahrsam der Justiz befindet, bekannte sich neben dem Schuss auf den MA48-Mitarbeiter auch zu sämtlichen weiteren Anklagepunkten schuldig. Zu den IS-Propaganda-Vorwürfen machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, was er vom IS halte, meinte er nur: "Ich beschäftige mich mit diesen Sachen gar nicht mehr."
Urteile am Dienstag erwartet
Beide Jugendliche werden von der Deradikalisierungsstelle betreut. Laut Experten liegt bei dem 17-Jährigen jedoch eine "fortgeschrittene Radikalisierung" vor. Daher seien aufgrund der Gefährlichkeit die Voraussetzungen erfüllt, ihn im Fall einer Verurteilung (§21 Absatz 2 StGB) zusätzlich in ein forensisch-therapeutisches Zentrum einzuweisen.
"Ohne die im Maßnahmenvollzug gewährleisteten haftbegleitenden therapeutischen Behandlungen sei die Wahrscheinlichkeit, dass der einschlägig Vorbestrafte neuerlich terroristische Straftaten begehen wird, sehr hoch", warnt die Sachverständige in ihrem Gutachten.
Die Verhandlung wird am Dienstag fortgesetzt. Die Urteile sollen am Nachmittag fallen.