Antrag an Land NÖ

Asylwerber lehnt Bezahlkarte ab, will 180 Euro Bargeld

Für Aufregung sorgt der Antrag eines Asylwerbers mit seinem Anwalt: Gefordert wird ein Bargeldbetrag von 180 € pro Monat statt der Karte. Die Details.

Niederösterreich Heute
Asylwerber lehnt Bezahlkarte ab, will 180 Euro Bargeld
Symbolfoto und ein Auszug aus dem Antrag
iStock (Symbol); "Heute"-Screenshot

In der Causa Sachleistungskarte schaltete ein Asylwerber in NÖ einen Anwalt ein, stellte in einem Schreiben an die nö. Landesregierung den Antrag auf "Gewährung eines Verpflegungsgeldes in Form eines Bargeldbetrags in Höhe von monatlich 180 Euro" anstelle der Bezahlkarte – mehr dazu hier.

"Heute" liegt der achtseitige Antrag vor. Darin aufgelistet sind drei Punkte, nämlich der Antrag "auf Gewährung eines Verpflegungsgeldes in Form eines Bargeldbetrags in Höhe von monatlich EUR 180,00 anstelle der dem Antragsteller ausgehändigten Bezahlkarte, dies ab sofort. Im Falle der Stattgabe dieses Antrags ist der Antragsteller bereit, die Bezahlkarte Zug-um-Zug mit der Gewährung des Bargeldes zurückzugeben".

"Gewährung einer Geldersatzleistung"

Zweitens der Antrag "auf Gewährung einer Geldersatzleistung für vorenthaltene Grundversorgung in Höhe von EUR 100,00 monatlich, dies beginnend mit 01.06.2024, und zwar so lange, bis dem Antrag zu 1.a) rechtskräftig und vollinhaltlich stattgegeben und diesem tatsächlich entsprochen wird (...)".

Drei-Wochen-Frist, dann droht Klage

Und drittens "wegen Existenzgefährdung über den Antrag zu Punkt 1) ehestmöglich, spätestens aber binnen drei Wochen zu entscheiden. Der Antragsteller behält sich die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen vor, wenn nicht innerhalb dieser Frist ein Bescheid erlassen wird".

Asylverfahren läuft seit April

Der Antragsteller wurde am 2. April 2024 zum Asylverfahren zugelassen und am 9. April 2024 in die Grundversorgung in Niederösterreich übernommen. Nachdem er zuvor ein Verpflegungsgeld in Form von 180 Euro monatlich erhalten hatte, bekam er seit 1. Juni sein Verpflegungsgeld nur noch in Form einer Bezahlkarte.

Geringes Budget

Es liege laut Anwaltsschreiben "auf der Hand, dass der Antragsteller, um seine Grundbedürfnisse zu befriedigen, mit diesem geringen Budget auf die günstigsten Geschäfte und Märkte zurückgreifen musste (z.B. Sozialmärkte, Wochenmärkte, günstige Community-Geschäfte, Halal-Fleischereien etc.). Zum Erwerb von Gütern des täglichen Bedarfs war der Antragsteller auf Bezugsquellen abseits des Fachhandels angewiesen, etwa auf Märkte für gebrauchte Waren, z.B. Onlineplattformen (...)".

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    Die Bezahlkarte der Firma Pluxee (ehemals Sodexo) habe laut Schreiben einige Nachteile: "Die Bezahlkarte kann nur bei ausgewählten Partnerbetrieben verwendet werden. Dadurch wird der Antragsteller von vielen günstigen Märkten und Bezugsquellen für Güter des täglichen Bedarfs ausgeschlossen." Mit der Bezahlkarte werde etwa das Online-Shopping und der Einkauf bei günstigen Lebensmittelgeschäften unterbunden.

    Geld reiche nicht aus

    Der Antragsteller sei damit gezwungen, "auf die viel teureren Fach- und Supermärkte auszuweichen. Dies bedeutet eine gravierende persönliche Inflation / Geldentwertung für den Antragsteller. Ein Budget von EUR 180,00 auf einer Bezahlkarte reicht bei weitem nicht für eine angemessene Verpflegung aus, um den monatlichen Grundbedarf zu decken, weil der Antragsteller die Bezahlkarte nur bei Partnerbetrieben, also in regelmäßig teureren Fachgeschäften kaufen muss, und ihm damit der Zugang zu günstigeren Bezugsquellen abgeschnitten wird".

    "Oft keine geeigneten Partnerbetriebe im Ort"

    Oft gebe es keine oder keine geeigneten „Partnerbetriebe" im Ort des Aufenthalts. Der Asylwerber müsse daher mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Partnerbetrieben anreisen, um seine Bezahlkarte zu verwenden: "Jedoch kann der Antragsteller mit der Bezahlkarte keinen Fahrschein kaufen. Damit wird der Antragsteller von der Versorgung praktisch ausgeschlossen."

    "Menschenunwürdig"

    Aufgrund der bloß täglichen Buchung des anteiligen Guthabens werde "jegliches Selbstbestimmungsrecht unterdrückt". Es sei "menschenunwürdig, dass der Antragsteller einige Tage ansparen muss, um sich etwa einen Friseurtermin leisten zu können". Ein Erwerb von nicht rezeptpflichtigen Medikamenten (z.B. Schmerzmittel) in Apotheken sei nicht mehr möglich, "da Apotheken die Bezahlkarten nicht akzeptieren". Generell sei "die Inanspruchnahme von Dienstleistungen aller Art, z.B. Friseurbesuche, nicht mehr möglich, weil Dienstleister die Bezahlkarte ebenfalls nicht akzeptieren".

    Und: "Dem Antragsteller ist es nicht möglich, mit der Bezahlkarte Verbindlichkeiten bei Gläubigern zu bezahlen (Privatpersonen oder öffentliche Institutionen, z.B. bei Verwaltungs- und Gerichtsstrafen). Diese Umstände zeigen auf, dass ein Guthaben in Form einer Bezahlkarte in keiner Weise mit Bargeld zu vergleichen ist, sondern diese Form der Leistungsgewährung die Erwerbsmöglichkeit so dramatisch reduziert, dass eine angemessene Verpflegung im Sinne des NÖ Grundversorgungsgesetz (...) nicht mehr gewährleistet ist."

    Das „System Bezahlkarte" verletze "aus den vorstehenden Gründen den Antragsteller in seinem unions- und einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Grundversorgung". Durch die Aushändigung der Bezahlkarte anstelle des vormals gewährten Taschengelds sei "die lebensnotwendige Versorgung und die Menschenwürde des Antragstellers, wie aufgezeigt wurde, aktuell und gravierend gefährdet".

    Anwalt erwartet rasche Bearbeitung

    Wiederholt wird darauf hingewiesen, dass man sich eine rasche Bearbeitung des Antrags erwarte: "Unverzüglich bedeutet hier - unter Berücksichtigung einer angemessenen Bearbeitungsdauer - eine Maximalfrist von drei Wochen. Es wird bereits jetzt mitgeteilt, dass sich der Antragsteller Amtshaftungsansprüche vorbehält, sofern nicht binnen drei Wochen ab Antragstellung ein Bescheid über diesen Antrag erlassen wird."

    Laut "Heute"-Infos bekommt der Betroffene jetzt aber nicht mal mehr das Geld auf der Sachleistungskarte – denn der Mann wurde von einem Selbstversorgerquartier mit Bezahlkarte in ein Vollversorgungsquartier in NÖ ohne Bezahlkarte verlegt.

    Protest gegen Bezahlkarte: Auszug aus Antrag
    Protest gegen Bezahlkarte: Auszug aus Antrag
    Screenshot "Heute"

    Selbstversorger oder Vollversorger-Quartier

    Bis zur Ausrollung der Sachleistungskarte auf das ganze Bundesland im November gebe es "nur die Möglichkeit der Sachleistungskarte für Selbstversorger oder Vollversorger-Quartiere", hieß es dazu auf Anfrage aus dem Büro von Asyllandesrat Christoph Luisser (FP) - mehr dazu hier.

    Die Verlegung dürfte für eine mögliche Klage im Fall einer Abweisung des Antrags wohl keine Rolle spielen. Der Anwalt des Betroffenen wollte gegenüber "Heute" zum Ortswechsel seines Mandanten nichts sagen.

    Bezahlkartensystem in ganz NÖ

    Künftig – geht es nach den Plänen des Landes – wird das Bezahlkartensystem aber auf ganz Niederösterreich ausgerollt. In der ersten Phase ab 1. September sollen 85 Quartiere umgestellt werden, das beträfe 420 Asylwerber. "Die verbleibenden 92 Quartiere werden mit jeweils Monatsersten umgestellt, sodass die Totalumstellung mit Anfang November beendet ist", so Luisser kürzlich in einer Pressekonferenz.

    In der Vollausrollung seien 1.120 Personen betroffen, rund 80 Prozent davon wären Syrer und Afghanen. Auch das Waffenverbot in Quartieren werde strenger exekutiert, heißt es seitens der FP. "Wer sich nicht daranhält, fliegt aus der Grundversorgung", so Luisser.

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      Sabine Hertel

      Auf den Punkt gebracht

      • Ein Asylwerber in Niederösterreich hat einen Antrag gestellt, um anstelle der ihm ausgehändigten Bezahlkarte einen monatlichen Bargeldbetrag von 180 Euro zu erhalten, da die Bezahlkarte nur bei ausgewählten Partnerbetrieben genutzt werden kann und somit den Zugang zu günstigeren Bezugsquellen einschränkt
      • Der Anwalt des Asylwerbers argumentiert, dass die Bezahlkarte die Grundversorgung und Menschenwürde des Antragstellers gefährdet und fordert eine Entscheidung innerhalb von drei Wochen, andernfalls behält sich der Antragsteller Amtshaftungsansprüche vor
      red
      Akt.