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Arzt zu 16-Jähriger: "Einzige Aufgabe, Mann zu dienen"
Nach dem Fall von Antonia P., die einem Orthopäden einen sexuellen Übergriff vorwirft, berichten Betroffene gegenüber "Heute" über ihre Erfahrungen.
Eine Routineuntersuchung wurde, wie berichtet, für Antonia P. zum Albtraum. Die Wienerin hatte wegen Schmerzen in der linken Schulter einen erfahrenen Orthopäden aufgesucht. "Im Rahmen der Untersuchung bat er mich, dass ich mich in Unterwäsche ausziehe", erzählt Antonia P. gegenüber Puls4. Ohne Aufklärung oder Vorankündigung hätte ihr der Arzt dann hinter ihr stehend "meinen Slip beiseite geschoben und mich ohne Handschuhe mit mehreren Fingern vaginal penetriert."
Der 60-Jährige musste sich daraufhin wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses vor Gericht verantworten und wurde freigesprochen. Bei seiner Aussage beruft sich der Arzt auf eine spezielle Osteopathie-Behandlung namens "Vaginal-Touché". In der Praxis muss man bei diesem umstrittenen Eingriff die Patienten aufklären, eine Einwilligungserklärung unterschreiben lassen und den Betroffenen mindestens einen Tag Bedenkzeit geben. Laut Antonia P. ist all das nie passiert. Der Fall der Wienerin sorgte im Netz für eine Welle der Entrüstung und ermutigte Hunderte Frauen unter #frauenbeimarzt dazu, ihre eigenen Erfahrungen zu teilen.
Sexistische Kommentare und Belästigung
Gegenüber "Heute" berichtet eine der Betroffenen: "Ich war vor zehn Jahren wegen Problemen mit meiner Wirbelsäule beim selben Arzt wie Antonia P. Er meinte, er sieht eine dunkle Aura um mich und hat mich so richtig runtergeredet. Dann hat er ohne Vorwarnung oder Aufklärung die gleiche 'Behandlung‘ wie bei Antonia durchgeführt. Ich erstarrte durch den Schock und konnte mich nicht bewegen."
Eine andere Betroffene erzählt von einer Vertretung ihres Hausarztes. Der Mediziner hatte sie wegen ihrer Blasenentzündung behandelt. "Es fielen Sätze wie: den Schniedelwutz darf ich mir eine Woche nicht reinstecken lassen". Auch Ex-Vizebürgermeisterin Birgit Hebein teilte ihre Erfahrungen vom ersten Frauenarztbesuch. Der Mediziner erklärte der damals 16-Jährigen: "Deine einzige Aufgabe als Frau ist es, dem Mann zu dienen."
„Er hat einen "Hörtest" gemacht. Ich sollte am Fenster stehen und raus schauen. Damals war ich schwerhörig noch, heute bin ich taub. Ich sollte alle Wörter nachsprechen, es gelang mir nicht. Plötzlich stand er hinter mir und ich war so erschrocken, weil ich sein steifes Glied spürte, welches er gegen meinen Popo drückte."“
Auch aus Deutschland meldeten sich Frauen, die ebenfalls Übergriffe beim Arzt erfahren hatte. "Ich bin damals mitten in meiner Ausbildung ertaubt und wurde vom Sozialhilfeträger, weil eine Neueorientierung im Arbeitsweg vor mir stand, zum Amtsarzt zur Begutachtung. Das war alles seltsam, ich musste mich ganz zu Beginn bis auf Unterwäsche entblößen", berichtet die Betroffene gegenüber "Heute". "Er hat einen "Hörtest" gemacht. Ich sollte am Fenster stehen und raus schauen. Damals war ich schwerhörig, heute bin ich taub. Ich sollte alle Wörter nachsprechen, es gelang mir nicht. Plötzlich stand er hinter mir und ich war so erschrocken, weil ich sein steifes Glied spürte, welches er gegen meinen Popo drückte."
Hunderte Frauen melden sich unter #frauenbeimarzt
Durch die Diskussion, die auf Twitter von der Userin Joanalistin ausgelöst wurde, ist laut der Deutschen die Geschichte wieder hochgekommen. "Ich habe sie 28 Jahre lang verdrängt. Der Arzt fragte auch intime Sachen, ob ich einen Freund hätte. Zwei Tage später klingelte am Sonntag Morgen um 10 Uhr mein Telefon. Und ich erkannte die Stimme des Arztes, er aber meine nicht. Er dachte, ich sei eine Mitbewohnerin und sagte, ich solle mich bei ihm melden. Es ginge um ein ärztliches Gutachten. Wenn ich mit ihm treffen würde, dann hätte das positiven Einfluss aufs Gutachten. Ich habe mich natürlich beim Amt beschwert. Die Sachbearbeiterin, eine Frau, sagte: 'Man zieht auch keine Reizwäsche an beim Arzt.' Ich war sprachlos. Ich versuchte mich zu beschweren, aber niemand glaubte mir."
Übergriffe melden und mit Anzeige drohen
Nachdem der Fall von Antonia P. bekannt wurde, haben sich bei der Wiener Anwältin Marina Baier-Grabner eine Handvoll Frauen gemeldet und sich ebenfalls über den Wiener Orthopäden beschwert. Die Juristin rät Betroffenen. "Bei der Ärztekammer eine schriftliche Beschwerde einreichen. Jede Untersuchung muss erklärt werden und man muss einwilligen." Franz Bittner, Patientenombudsmann der Ärztekammer Wien, appelliert an Betroffene ebenfalls sich zu melden und wenn nötig dem Arzt mit Anzeige zu drohen.
Die Ombudsstelle der Ärztekammer nehme die Beschwerden auf und fordere den Arzt oder die Ärztin dann dazu auf, zur Anschuldigung Stellung zu beziehen.Übergriffe, sexistische Kommentare oder Belästigungen kann man auch bei der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA) melden. Dort findet auch eine juristische Beratung statt. Zudem leitet die WPPA Beschwerden an die Ärztekammer weiter.
Hilfe für Betroffene
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft: 01 5871 204
Patientenombudsmann – Ärztekammer für Wien: 01 515 01 1270