"Kollektivstrafe"

Armin Wolf wirft Israels Militärsprecher Zynismus vor

Israel geht nach dem Überfall mit 1.500 Toten gegen die Hamas vor. In der Vertreibung der Zivilbevölkerung sieht Wolf aber eine Kollektivstrafe.

Newsdesk Heute
Armin Wolf wirft Israels Militärsprecher Zynismus vor
Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar war aus Israel in die "ZiB 2" zugeschalten.
ORF2

Um ihre Kommando-Zentralen und Terror-Basen zu verbergen, schrecken die Hamas vor nichts zurück. Nicht vor Wohnhäusern, nicht vor Spielplätzen und auch nicht vor Spitälern. Das Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza wurde nun von der israelischen Armee gestürmt. Gefunden wurde dort eine regelrechte Hamas-Zentrale mitsamt Waffen und Ausrüstung. Nach tagelangen Kämpfen soll sich die Armee nun wieder zurückgezogen und das Spital lediglich umstellt haben.

Zeitgleich meldete Israel Beschuss aus dem benachbarten Libanon im Norden. Spät abends gab es am Mittwoch schließlich auch noch Berichte, wonach Israel nun auch Bewohner im Süden des Gazastreifens zum Verlassen der Region aufrufe. Mittlerweile sollen rund 1,6 der 2,2 Millionen Bewohner auf der Flucht sein.

Etwas Licht in die komplexe Lage und das weitere Vorgehen erhoffte sich Armin Wolf von Arye Sharuz Shalicar. Der israelische Armeesprecher ist in Berlin aufgewachsen, spricht deswegen perfekt Deutsch und war in der "ZiB 2" zu Gast.

"Wir greifen dort an, wo die Hamas sich befindet"

Einleitend sprach er von einer "bedauerlichen Situation", dass die Hamas den Kampf in derartige Objekte verlege. Das Krankenhaus sei eben nicht nur Krankenhaus, sondern auch eine Terrorzentrale. Nun müsse man schauen, was unter diesem Krankenhaus in den Tunnelsystemen passiert. "Wir greifen dort an, wo die Hamas sich befindet", fasst er die Strategie der Armee zusammen.

Den Spitalskomplex müsse man sich als großen Campus vorstellen, nur langsam tasten sich die Soldaten Gebäude um Gebäude vor. Das auch, um kein medizinisches Personal oder Patienten zu gefährden. Deswegen habe man auch arabische Soldaten dabei, um mit den Menschen zu kommunizieren und sie evakuieren zu können. "Es ist noch viel Arbeit vor uns." 

"Mörderbande"

Jeden Tag gibt es derzeit Feuergefechte in Gaza, zahlreiche israelische Soldaten seien dabei gestorben. Man gehe sehr langsam, besonnen und präzise vor. Millionen Menschen seien bereits in den Süden geflohen und entziehen der Hamas so ihren Schutzschild. Trotzdem spricht das von den Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium von 11.000 Toten, darunter sollen sich angeblich über 5.000 Kinder befinden. Was hält Arye Sharuz Shalicar davon?

Den Banden, die am 7. Oktober Babys verbrannten, "glauben wir kein Wort". Mehrere Male hätten sich deren Infos als Fake News herausgestellt, etwa bei der Rakete auf ein Krankenhaus mit 500 Toten, bei der es sich jedoch um eine Fehlgeleitete der Hamas handelte. "Die Hamas ist eine Mörderbande. Nichts glaube ich ihnen."

"Das ist doch zynisch"

Ein großes Problem ist, dass die Hamas eben keine Kasernen hat, sondern sich in tausenden zivilen Objekten verschanzt und daraus operiert. 1,5 Millionen Menschen wurden deswegen vertrieben. "Wie sehr ist das keinen Kollektivstrafe?", will ORF-Anchor wissen. Israels Armeesprecher entgegnet, dass diese Bitten und das Einräumen der Möglichkeit, aus der Schusslinie zu gehen, das einzig Richtige sei, was man tun könne, bevor man die Terroristen angreift. "Das ist doch zynisch", entgegnet Wolf darauf, denn freiwillig hätte die Bevölkerung das Gebiet nicht verlassen. "Österreich würde dasselbe tun", zeigt sich Shalicar überzeugt, "ein Staat muss sich zur Wehr setzen".

Nun war das Hamas-Massaker am 7. Oktober ein absolut barbarisches Verbrechen, aber ist die israelische Reaktion noch verhältnismäßig?
Armin Wolf
"ZiB 2"-Moderator

Jeden Tag gibt es Feuerpausen, doch man befinde sich eben im Krieg. "Es ist eine unschöne Situation, die nicht Israel provoziert hat", doch schon heute beendet werden könnte, wenn die Geisel freigelassen werden und die Hamas sich ergeben. 

Zum Schluss bemerkt der Armeesprecher noch, dass leider keine einzige Frage zu Israel und dem Leid der Israelis gefragt wurde. "Ich frage Sie zu den Aktivitäten des Militärs", rechtfertigt sich Wolf, "Sie erwähnen ja ohnehin, was Sie erwähne wollen". Daraufhin Shalicar nochmals: "Wir müssen uns zur Wehr setzen. Wenn nicht, wiederholt sich der 7. Oktober immer wieder." Man wolle nicht in einem System leben, "wo diese Menschen das Sagen haben".

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    Das israelische Militär fliegt nun fast täglich Vergeltungsschläge auf den Gazastreifen.
    Das israelische Militär fliegt nun fast täglich Vergeltungsschläge auf den Gazastreifen.
    REUTERS
    red
    Akt.