Showdown im Nationalrat

"Angsthasen-Sektor" – FPÖ-Chef Kickl geht auf ÖVP los

Die Nationalratssitzung am Mittwoch startete mit einer Aktuellen Stunde zum ORF, in der sich Herbert Kickl wie gewohnt nicht zurückhielt.

Leo Stempfl
"Angsthasen-Sektor" – FPÖ-Chef Kickl geht auf ÖVP los
Herbert Kickl startete mit einer zehnminütigen Brandrede auf den ORF.
Helmut Graf

Die Nationalratssitzung am Mittwoch nahm sofort nach Eröffnung ein Tempo auf, wie man es nur selten erlebt. Auf Verlangen von FPÖ-Chef Herbert Kickl gab es eine "Aktuelle Stunde" zum Thema ORF, genauer gesagt dessen Finanzierung, "Bonzengehälter" und dort vermuteter "Indoktrination".

Angsthasen-Sektor

Eingangs sprach er von einem "Jahr der Entscheidung". Das betreffe nicht nur die anstehenden Wahlen, sondern auch die ORF-"Zwangssteuer" und ob diese – mit einem freiheitlichen Regierungschef – wieder abgeschafft wird. Mit der FPÖ würde endlich wieder für die Menschen regiert werden.

"Jo jo, da kommt jetzt Unruhe auf im ÖVP-Sektor, da verkrampfen sie alle. Wissen Sie, dieser ÖVP-Sektor im Hohen Haus ist in der Zwischenzeit der Angsthasen-Sektor geworden." Vor wenigen Tagen wurde die Messehalle in Wels "zum größten Panikraum der Republik umfunktioniert". Die Bevölkerung habe den Angstschweiß vor den Fernsehgeräten fast schon riechen können.

Irrsinn

Ein FPÖ-Regierungschef würde bedeuten, dass die Menschen von diesem "Irrsinn" einer ORF-Gebühr befreit werden. Mit der "Austro-Ampel" hingegen würde sie beibehalten werden. "Das, was Sie hier einheben, ist nichts anderes als eine Massengeldstrafe gegen Jugendliche."

Kickl sprach schließlich von einem geheimen, polit-medialen Netzwerk, das im Hintergrund Entscheidungen treffe und dass sich die Chefredakteure der Medien in Chatgruppen gegen die FPÖ verschwören würden. Doch die Entscheidungen würden immer noch die Bürger bei der Wahl treffen. "Ihre Zeit ist vorbei. Jetzt beginnt die Zeit der österreichischen Bevölkerung."

Raab kontert

Medienministerin Susanne Raab rückte im Anschluss zum Konter aus. Das Modell Kickls würde ein komplettes Aus des ORF bedeuten, denn wie solle er sonst finanziert werden. Österreich wäre dann das einzige Land Europas ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zudem ging sie auf den Vorwurf Kickls ein, dass 500.000 Menschen jetzt zusätzlich zahlen müssten. Das stimmt zwar, allerdings verschwieg er, dass 3,2 Millionen dafür jetzt deutlich weniger zahlen – eine Entlastung von bis zu 155 Euro im Jahr.

Auch sie sei nicht mit allem einverstanden, was im ORF gezeigt wird. Aber sie sieht den Mehrwert für die Demokratie darin. Fast 80 Prozent der Österreicher nutzen ihn deswegen täglich, sogar über 90 Prozent ab und an.

Therapie-Stunde

SPÖ-Klubchef Philip Kucher sah in der Rede Kickls "fast schon therapeutische Elemente", so viel wie er über seine Ängste gesprochen hat. Es sei nicht die Aufgabe von Journalisten, Politiker glücklich zu machen. "Ein bissl was muss man auch aushalten, Herbert Kickl, da darf man nicht so verletzlich sein." Womöglich sei Kickl den Journalisten auch so feindselig eingestellt, weil er selbst von einer gewissen Vergesslichkeit geplagt sei.

Kucher erinnert sich: "Du hast unabsichtlich drei Jahre lang zehntausend Euro zusätzlich über die FPÖ Wien kassiert", zusätzlich zum Nationalratsabgeordneten-Gehalt, und auf die Konfrontation dann nur gesagt "ich weiß nicht, wie das passieren konnte". 

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