Wahlbeisitzer erzählen

Als ein Baby ein Hund war: Skurriles aus dem Wahllokal

Im"Heute"-Gespräch berichten Wahlbeisitzer, was ihnen an einem langen Wahltag alles so passiert. Und warum manche Wiener nicht wählen dürfen.

Christine Ziechert
Als ein Baby ein Hund war: Skurriles aus dem Wahllokal
Sandra Steckbauer (31) und Jörg Berger (43) sind erfahrene Wahlbeisitzer.
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com, zVg

Ein BH am Herren-WC, zerstörte Kugelschreiber, ein Pass mit Spongebob-Hülle und Wahl-Bingo zum Zeitvertreib: So manche Wahlbeisitzer sorgten bereits bei der EU-Wahl im Juni unter dem #beifunk auf X mit ihren Erlebnissen für Unterhaltung – "Heute" berichtete.

Auch Christina Steckbauer (31) hatte schon vier Mal die Ehre, als Wahlbeisitzerin zu fungieren. Bei der Nationalratswahl versorgt die gebürtige Oberösterreicherin, die in Wien-Hernals lebt, die freiwilligen Helfer mit Lebensmitteln und Getränken: "Die SPÖ hat die besten Jausensackerln mit Wurst- und Käsesemmeln, Obst, Wasser, Kaffee und etwas Süßem. Da schauen die anderen immer ganz neidisch", verrät Steckbauer.

Ein Hund im Kinderwagen und ein streitendes Ehepaar

Oft menschelt es im Wahllokal, manchmal geht es sogar tierisch zu: "Eine der lustigsten Geschichten, die mir passiert sind, war, als eine ältere Dame mit einem Kinderwagen ins Lokal hereinspaziert ist und mich gefragt hat, ob ich ihr Baby halten kann. Als sie dann den Wagen aufgemacht hat, habe ich gesehen, dass ein kleiner Hund drin war. Ich hab ihn natürlich gehalten, solange sie wählen war, und sie hat sich dann mit einer Schokolade bedankt. Ich hab' wirklich geglaubt, dass da ein Baby drin ist", lacht die 31-Jährige.

Was brauchst denn so lang, ist eh nur ein Kreuzerl!
Wähler
zu seiner Frau

Während die Wahlbeisitzer meist höflich und freundlich miteinander umgehen, ist das bei den Wählern nicht immer unbedingt der Fall: "Ein älteres Ehepaar kam gemeinsam wählen. Er war rasch fertig, sie hat noch gebraucht. Weil er offenbar zum Wirten wollte, hat er durch den ganzen Raum geschrien: 'Was brauchst denn so lang, ist eh nur ein Kreuzerl!' Sie hat dann zurück geschrien: 'Ich muss mei Kreuzerl scho gscheit setzen'", erinnert sich die Lehramts-Studentin.

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    Sabine Hertel, Denise Auer
    Beim Wahlschluss um 17 Uhr geht man dann schon am Zahnfleisch, da beginnt mit dem Auszählen erst die richtige Arbeit
    Jörg Berger
    Wahlbeisitzer in Döbling

    Viel Erfahrung (im Umgang mit Wählern) hat auch Jörg Berger (43): Seit 2001 stellt sich der Döblinger als Wahlbeisitzer zur Verfügung: "Bevor es die Wahlkarten gegeben hat, war ich noch mit den 'fliegenden Wahlkommissionen' unterwegs und hab' die Leute zu Hause besucht, die nicht ins Wahllokal kommen konnten", erzählt der Angestellte.

    Dass nicht jeder das Wahlrecht besitzt, sorgt oft für Enttäuschungen: "Bei der EU-Wahl wollte eine Frau wählen, die schon sehr lange in Wien lebt. Sie war frisch eingebürgert, hatte aber mit der Einbürgerung den Stichtag verpasst und war daher nicht wahlberechtigt", meint Berger. Schwierig werde es, wenn die Leute nicht wissen, wo sie wohnen: "Oft hat ja ein Wohnbau zwei Adressen, es gilt aber nur eine Meldeadresse. Das müssen wir dann herausfinden."

    Konzentration und die Wahl im Blick

    Der Tag beginnt für Wahlbeisitzer schon sehr früh: Um 6.15 Uhr müssen sie ihren "Dienst" antreten. "Beim Wahlschluss um 17 Uhr geht man dann schon am Zahnfleisch, aber da beginnt ja mit dem Auszählen erst die richtige Arbeit, bei der man sehr konzentriert sein muss. Es gibt Helfer, die das wirklich aus Überzeugung machen. Ich habe da zum Beispiel einen Kollegen. Er ist 76 Jahre alt, aber er will unbedingt mithelfen", führt Berger aus.

    "Dass man immer die Wahl im Blick hat und sehr konzentriert sein muss", bestätigen auch Gero Parfuss (54) und seine Frau Ulrike (55): "Vor allem am Schluss bei der Auszählerei ist die Spannung groß, ob eh alles passt." Und, wenn es nicht passt, kann der Wahlbeisitzer-Tag schon einmal bis 20 oder 21 Uhr dauern.

    Man fühlt sich ein bissl als Teil der Demokratie, und die funktioniert halt nicht von allein
    Gero Parfuss und Ulrike Klima
    Wahlbeisitzer-Paar

    Das Ehepaar aus Döbling war bereits vier Mal Wahlbeisitzer. Beide nehmen die Tätigkeit sehr ernst: "Man fühlt sich ein bissl als Teil der Demokratie, und die funktioniert halt nicht von allein. Es ist wichtig, sich immer wieder ins Bewusstsein zu rufen, dass alles korrekt ablaufen muss, diese extreme Genauigkeit, da hab' ich wirklich Ehrfurcht davor. Da merkt man erst, was da alles dahinter ist", so Ulrike.

    Auf den Punkt gebracht

    • Wahlbeisitzer berichten von skurrilen und menschlichen Erlebnissen in Wahllokalen, wie einem Hund im Kinderwagen und lautstarken Diskussionen zwischen Ehepaaren
    • Trotz der langen und anstrengenden Tage betonen sie die Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit ihrer Aufgabe, die sie als essenziellen Teil der Demokratie betrachten
    cz
    Akt.