"Heute" Backstage

Alles viel knapper: Muss Kickl vor Herbst-Wahl zittern?

"Platz 1 im Herbst ist in Reichweite": Die ÖVP hat das Kanzlerduell mit Herbert Kickl eröffnet. Ist sein Sieg in Gefahr? "Heute" hat die Hintergründe.

Clemens Oistric
Alles viel knapper: Muss Kickl vor Herbst-Wahl zittern?
Die ÖVP von Karl Nehammer kam viel näher an die FPÖ heran als ursprünglich angenommen. Meinungsforscher sehen das anders.
Denise Auer

Es war ein Wahl-Thriller bis tief in die Nacht, am Ende holte die FPÖ am Sonntag den ersten Sieg bei einer bundesweiten Wahl. Die 30 Prozent aus Umfragen wurden es nicht, auch nicht 27, wie in der ersten Trendprognose ausgewiesen.

Hajek: "Alles in der Schwankungsbreite"

Haben die Meinungsforscher daneben gehaut? Hier muss man unterscheiden. "Die Trendprognose am Wahltag war eine Punktlandung", sagt Peter Hajek, der sie gemeinsam mit ARGE Wahlen und Foresight erstellt hat. Auch, wenn ÖVP und FPÖ letztlich enger aneinanderlagen, sei die Studie "aus statistischer Sicht einwandfrei gewesen", so Hajek, denn: "Alles lag innerhalb der Schwankungsbreite."

Diese war um 17 Uhr mit ± 2,5 Prozent angegeben worden.

"Nicht als Punktlandung betrachten"

Und die bis zu 30 Prozent für die FPÖ (am Ende: 25,5) bzw. 15 Prozent (letztlich 10,1) für NEOS im Vorfeld der Wahl, wie sind diese Werte zu erklären? Es habe "bessere und schlechtere Umfragen" gegeben, so Hajek, man dürfe diese aber nie als Punktlandung betrachten, sondern müsse die Bandbreite innerhalb der Schwankungsbreite im Auge haben.

"In Summe war der Trend klar mit dem Wahlsieg der FPÖ und einem Kopf-an-Kopfrennen zwischen SPÖ und ÖVP im Vorfeld klar ersichtlich", so der "Heute"-Meinungsforscher. Tut man dies, dann waren die Freiheitlichen laut Hajek "um einen Punkt zu stark eingeschätzt, die eine oder andere Umfrage hatte die NEOS überschätzt".

EU-Umfrage vs. EU-Wahlergebnis: Eine Hochschätzung auf 30 Prozent bei der FPÖ kann innerhalb der Schwankungsbreite ein Wahlergebnis im Korridor 26-34 Prozent ergeben.
EU-Umfrage vs. EU-Wahlergebnis: Eine Hochschätzung auf 30 Prozent bei der FPÖ kann innerhalb der Schwankungsbreite ein Wahlergebnis im Korridor 26-34 Prozent ergeben.
zVg

"FPÖ nicht grundsätzlich überschätzt"

Für Meinungsforscher werde es "immer schwieriger, Wahlen einzuschätzen, da die Wähler sehr beweglich geworden sind", erläutert Peter Hajek und verweist auf die Partei DNA, die am Sonntag aus dem Stand knapp drei Prozent erzielte: "Wenn wir diese drei Prozent der FPÖ zuschlagen, sind die Blauen hinsichtlich Nationalratswahl wieder Richtung 30 Prozent unterwegs."

Das Potenzial für die FPÖ ist jedenfalls da.
Peter Hajek
"Heute"-Meinungsforscher

Die "New Kids on the Block" – also BIER-Partei und Liste Madeleine Petrovic – machen Prognosen für die Nationalratswahl zu einer "großen Herausforderung".

Muss Herbert Kickl nun vor der Nationalratswahl zittern? "Ich glaube nicht, dass die Freiheitliche Partei grundsätzlich überschätzt ist", sagt Meinungsforscher Hajek mit Blick auf seine Daten. "Das Potenzial ist jedenfalls da."

69 Prozent wollen fix bei Kickl bleiben

Bei der EU-Wahl hätten es die Blauen nicht voll ausgeschöpft. Einen Startvorteil für den Nationalratswahlkampf haben sie aber: 69 Prozent der FPÖ-Wähler vom Sonntag geben an, auch im Herbst "ganz sicher" wieder Blau zu wählen. Bei ÖVP und SPÖ sagen das nur 52 bzw. 51 Prozent.

"Aufholjagd eröffnet"

Wie reagieren nun die Parteien? Die ÖVP Platz feiert Platz zwei mit einem Minus von knapp zehn Prozent wie einen Sieg. "Die Aufholjagd ist eröffnet. Herbert Kickl blieb unter den Erwartungen und Kanzler Karl Nehammer war noch nicht auf dem Spielfeld", sagt der schwarze Generalsekretär Christian Stocker, der innerhalb weniger Stunden drei Mal vor die Presse trat. An Funktionäre schrieb man: "Platz 1 im Herbst ist in Reichweite."

Die SPÖ war vorerst in Schockstarre, grenzte sich auf Social Media scharf von Herbert Kickl ab: "Im Herbst treffen wir eine Entscheidung: Ein Kanzler Kickl mit Hass und Hetze oder ein Kanzler Babler mit Herz und Hirn." Hinsichtlich Bund wird man nun den Schlachtruf "Wir oder Kickl" bemühen. Problem der Sozialdemokraten: Bei den Sachthemen zeichnet sich keines ab, mit dem die Roten durchdringen.

SPÖ als geringstes Übel

Motive ihrer Anhänger Rot zu wählen? "Werte", "Stammwähler" oder "geringstes Übel". Eine wirkliche Rolle spielt man nur noch bei Pensionisten. Ähnlich geht es den Schwarzen, bei denen Karl Nehammer aber den Kanzlerbonus in die Schlacht werfen kann.

Die Wahlmotive der Österreicher bei der EU-Wahl

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    Das Untersuchungsdesign.
    Das Untersuchungsdesign.
    Peter Hajek
    coi
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