Bilanz des Schuljahres

Akuter Lehrermangel: "Es ist 5 nach 12!"

Wenige Tage noch, dann starten die Sommerferien. In den Schulen herrscht kein Urlaubsfrieden: Die Lage ist besorgniserregend.

Newsdesk Heute
Akuter Lehrermangel: "Es ist 5 nach 12!"
Oberste Elternvertreterin Evelyn Kometter (Kreis) beklagt massiven Mangel an Lehrern vor allem in MINT-Fächern.
iStock, Michael Tagger

Unbefriedigend, setzen! Das ist das Urteil vieler Eltern und Schüler, wenn sie zum Semesterende (am Freitag starten im Osten die Ferien) eine Bilanz des Schuljahres ziehen. Hauptgrund ist der spürbare Lehrermangel. Die Sorge um die Zukunft unserer Jugend ist groß.

Noch im April waren vom Bildungsministerium 6.821 Stellen ausgeschrieben, es ging insgesamt um 100.000 Unterrichtsstunden, die fehlten – diese Zahl zeigt deutlich, wie schlimm die Lage ist.

Größte Lehrersuche in Wien

Die meisten Lehrer wurden in Wien gesucht: 2.164. Dann kam Niederösterreich: 1.000 Pädagogen fehlten hier.

Es gibt dafür eine zentrale Bewerbungsplattform: Klassejob.at. Die Bilanz fiel - zumindest offiziell - höchst positiv aus. Angeblich bewarben sich 12.000 Lehrer-Kandidaten.

Damals sagte Bildungsminister Martin Polaschek zu "Heute": „Das freut mich sehr, denn guter Unterricht braucht begeisterte, engagierte und qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer an allen Schulen in unserem Land."

In der Praxis ist dieser Optimismus noch lange nicht angekommen. Im Gegenteil: "Diese Zahlen sind Schönfärberei, Augenauswischerei, es ist jetzt nicht 5 vor 12, sondern 5 nach 12!" Das sagt Evelyn Kometter, Vorsitzende des Dachverbands der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen, zu "Heute".

"Viele der Bewerber wurden nicht angenommen"

"Der Minister hat Unrecht. Diese Bewerber sind vor allem Quereinsteiger, haben also keine fertige pädagogische Ausbildung. Viele von denen haben bereits aufgehört oder wurden nicht angenommen." Von 1.700 Quereinsteigern sind bundesweit aktuell nur mehr 342 im Amt, sagt Kometter.

Sie meint, unseren Schulen fehlen vor allem Lehrer in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und in Turnen.

Bald werden unsere Kinder den Lehrermangel stark spüren
Evelyn Kometter
Vorsitzende, Dachverband der Elternverbände

Kometter beschreibt eine Praxis in Schulen, die für die meisten Außenseiter höchst sonderbar ist: "Schon bald werden unsere Kinder den Lehrermangel stark in den Klassen spüren." Erklärung: Zunächst werden die Lehrer, die im System aufscheinen, für das neue Schuljahr eingeteilt. "Die stehen dann wenige Stunden vor der Klasse, sind aber schon bald weg. Die gehen in lange Krankenstände, nehmen sich ein Sabbatical oder starten eine Kur. Diese Lehrer sind in Wahrheit nicht verfügbar."

Was daraus resultiert: "Da gibt es dann eine Klasse ohne Klassenvorstand, oder Mathe muss ein Deutschlehrer unterrichten, der wenig Ahnung hat", beschreibt Evelyne Kometter im Gespräch mit "Heute".

Wien: 20 Lehrer kündigen pro Tag

Händeringend suchen die Länder noch nach Lehrpersonal. Mehr als 120 sucht die Bildungsdirektion Kärnten alleine für Pflichtschulen.

Besorgniserregende Zahlen meldet auch das Bildungsressort in Oberösterreich. Insgesamt fehlen derzeit in den Mittelschulen im Land 1.250 Pädagogen. Besonders schlimm ist die Situation gerade im Deutsch-Unterricht. Dafür fehlen 320 Lehrer. In Mathe sind es 250 Pädagogen, in Informatik 230 und für den Turnunterricht 450 Lehrer.

125.000 Lehrer gehen bald in Pension

In Wien flüchten immer mehr Lehrer aus dem Job. „An einem Spitzentag haben mich sogar 20 Meldungen von Dienstauflösungen für das kommende Schuljahr erreicht!", sagt Lehrergewerkschafter Thomas Krebs.

Die Situation wird noch viel schlimmer: 125.000 Lehrer gehen in den nächsten sechs Jahren (bis 2030) in Pension. Sie werden wohl noch viel größere Lücken in die Stundenpläne der 5.700 heimischen Schulen reißen.

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Lage an den Schulen ist besorgniserregend, da ein akuter Lehrermangel herrscht, der sich vor allem in den MINT-Fächern und im Turnunterricht bemerkbar macht
    • Die Länder suchen dringend nach Lehrpersonal, da in den nächsten sechs Jahren 125.000 Lehrer in Pension gehen werden, was die Lücken in den Stundenplänen weiter vergrößern wird
    red
    Akt.