"Kein Grund für Jubelmeldung"
Ärztekammer warnt trotz Ansturm auf Kassenstellen
Die Bundesregierung meldet einen Ansturm auf die 100 zusätzlichen Kassenstellen. Bei der Ärztekammer herrscht deshalb aber bisher keine Jubelstimmung.
"Das Interesse an den von der Bundesregierung angekündigten 100 zusätzlichen Kassenstellen ist enorm: Erst Mitte Dezember lud die Österreichische Gesundheitskasse Interessent:innen ein, sich zu melden. Nun gibt es bereits 300 Interessent:innen. Fixiert wurde von der Regierung auch die Aufteilung auf die Bundesländer nach Bevölkerungsschlüssel. Geschaffen werden vor allem Stellen für Allgemeinmedizin sowie Kinderärzt:innen. Auch Stellen für Gynäkologie, (Kinder-)Psychiatrie, Augenheilkunde sowie Haut- und Geschlechtskrankheiten werden neu eingerichtet" meldete jüngst die Bundesregierung. Mehr Kassenärzte für Österreich – eigentlich eine gute Meldung.
In Jubel solle man deshalb aber nicht verfallen, warnt am Samstag die Österreichische Ärztekammer in einer Aussendung. Aus einer reinen Bewerberanzahl für die zusätzlichen 100 Kassenstellen allein lasse sich noch keine Verbesserung ableiten, heißt es. Deshalb sie die Causa "noch kein Grund für eine umfassende Jubelmeldung", so Allgemeinmediziner Edgar Wutscher, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte der Österreichischen Ärztekammer: "Wir haben derzeit massive Versorgungsprobleme, unabhängig von den 100 zusätzlichen Kassenstellen sind nach wie vor fast 300 Stellen unbesetzt – und die lassen sich nicht durch die aktuellen Bewerbungen ignorieren.
„Der Startbonus ist ein gutes Zuckerl, aber das allein wird nicht reichen, um langfristige Änderungen zu bewirken“
Er fordert die Bundesregierung zu einem ""ganzen Maßnahmenpaket" auf. Gleichzeitig würden sich bei den 100 Stellen und 300 Bewerbern zahlreiche Fragen stellen: "Wie viele davon sind Allgemeinmediziner und in den Regionen, in denen gesucht wird, verfügbar? Wie viele davon sind Kinderärzte und Gynäkologen? Wie viele von ihnen erfüllen dann die geforderten Kriterien für eine Kassenarztstelle?" Positiv sei jedenfalls, dass für die 100 neu geschaffenen Kassenstellen ein Startbonus von bis zu 100.000 Euro geschaffen wurde, um die Erstausstattung der neuen Ordinationen zu unterstützen.
Grundsätzlich müsse man sich jedoch überlegen, diesen Startbonus auf die derzeit offenen Kassenarztstellen auszubauen: "Diese finanzielle Hilfestellung unterstützt vielleicht dabei, bestehende offenen Stellen schneller zu besetzen", sagt Wutscher. "Der Startbonus ist ein gutes Zuckerl, aber das allein wird nicht reichen, um langfristige Änderungen zu bewirken." Es fehle immer noch der einheitliche Leistungskatalog, zudem müssten die Honorare leistungsgerechter werden: "Eine leistungsbezogene Honorierung ohne Limits und Degressionen wird das Kassensystem für viele Ärztinnen und Ärzte wieder interessanter machen – und zwar auch langfristig."