Krebs nicht behandelt
14-Jährige starb qualvoll – keine Haft für Eltern
Weil ihre Tochter keine Therapie wollte, ließen die Eltern sie nicht behandeln. Das Mädchen starb unter starken Schmerzen.
Ein erschütternder Fall fand vor dem Landesgericht Klagenfurt am Mittwoch seinen Abschluss: Eine erst 14-Jährige starb im Februar 2023 qualvoll an einem aggressiven Tumor – laut den Eltern lehnte das Mädchen eine (schulmedizinische) Therapie ab. Stattdessen wurden "Wunderheiler" beauftragt. Das Paar musste sich wegen Quälens bzw. Vernachlässigens einer minderjährigen, jüngeren oder wehrlosen Person verantworten.
Im Oktober 2022 wurde bei der Jugendlichen bei einem MRT ein Gewächs am Fuß diagnostiziert, ein Termin für eine Biopsie zur genauen Abklärung wurde nicht wahrgenommen. Stattdessen kontaktierten die Eltern Energetiker, Schamanen und Alchemisten – diese wussten demnach von dem Tumor oder hatten zumindest einen Verdacht.
"Heiler" packte Pendel vor Gericht aus
Die "Heiler" mussten auch vor Gericht aussagen: So behauptete etwa ein Klagenfurter "Komplementärmediziner", der das Mädchen mit Vitamin C und Katzenkralle behandelt hatte, dass seine Infusionen Tumore verkleinern können. Um zu demonstrieren, wie er arbeitet, packte er laut der "Kleinen Zeitung" sogar im Saal ein Pendel aus und richtete es auf die Staatsanwältin.
Die Bilder des Tages
Aufgrund der fehlenden schulmedizinischen Betreuung verschlechterte sich der Zustand des Mädchens rapide: "Trotz Geschwulstbildungen an Hals und Brust, Schluckbeschwerden, einem Gewichtsverlust von 20 Kilogramm, starken Schmerzen, einer inkompletten Lähmung beider Beine und schließlich einer schweren Atemnot" hätten es die Eltern unterlassen, "ihr die notwendige schulmedizinische Behandlung zukommen zu lassen", lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
„Die Tumore waren von außen sichtbar. Am Hals hatte das Mädchen einen Handball-großen Tumor“
Am 23. Februar 2023 kam sie schließlich ins Klinikum Graz – doch es war schon zu spät. Am Mittwoch beschrieben Mediziner den Zustand der 14-Jährigen, als sie eingeliefert wurde: "Die Tumore waren von außen sichtbar. Am Hals hatte das Mädchen einen Handball-großen Tumor", berichtete etwa ein Kinder-Onkologe.
Auch ein Primarius schilderte der Richterin, dass er noch nie zuvor ein Kind mit solchen Symptomen gesehen hätte: "Ein Tumor hatte die Knochen der Wirbelsäule angefressen", erklärte der Mediziner und brach in Tränen aus. Die Luftröhre sei nur 4,5 Millimeter statt 20 Millimeter groß gewesen, die 14-Jährige hätte kaum atmen können und große Schmerzen gehabt. Zwei Tage später starb sie.
Mädchen wusste nichts von nahendem Tod
"Die Eltern wollten nichts, als ihr Kind auf dem selbstbestimmten Weg zu begleiten", betonte einmal mehr der Rechtsanwalt des Paares. "Ich glaube nicht, dass das Kind über die Optionen aufgeklärt wurde. Die Chance auf Heilung wurde verwehrt, hier wurde dem Leiden zugeschaut und nichts unternommen", entgegnete eine Fachärztin aus Graz. Das Mädchen sei zwar sehr stark und selbstbestimmt gewesen, aber ihm sei lange nicht bewusst gewesen, dass es sich um eine lebensbedrohliche Krebserkrankung gehandelt habe, meinte auch eine Psychologin.
Laut dem Primarius könnte die 14-Jährige heute sogar noch leben: "Ich kenne Parallelfälle. Wäre der Tumor im Oktober 2022 behandelt worden, hätte sie geheilt werden können. Im Fall einer Metastasierung wären die Chancen natürlich geringer. Aber die Eltern wählten den fatalen Irrweg."
Urteil: 12 Monate bedingt
Die Eltern wurden zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt – nicht rechtskräftig. "Mangels kompetenter Aufklärung durch Fachpersonal konnte sich das Mädchen keinerlei Bild machen, wie das Ganze abläuft", so Richterin Michaela Sanin.