Life
Millenials, verabschiedet euch von "Ok, Boomer"
Als sarkastische Reaktion auf die Wahrnehmung der Generation Z und Y aus der Perspektive von Babyboomern hat die "Ok, Boomer"-Bewegung gestartet.
Die Macht der Sprache zeigt sich wieder daran, was allein zwei Worte für eine Kraft haben können, wie der mittlerweile schon fast wieder ausgewaschen wirkende Hype um "Ok, Boomer" beweist, der sich in Form von Memes im Netz verbreitet hat.
Damit kommentieren Millenials und Gen Z auf fast resignierende Weise das Bild, das die Babyboomer von den beiden Generationen haben.
Selfie-Kultur und Narzissmus
Das Bild eines Millenials oder Gen Z-lers sieht aus Perspektive eines Boomers dementsprechend so aus: Sie befinden sich durch die vielen Möglichkeit in einem Zustand der Überforderung, müssten viele Praktika vor Studienabschluss absolvieren, um einen Job zu finden, brechen ihre Studien jedoch häufig ab und verschwinden, wenn der Druck zu groß wird, auf eine Insel, um ihr Karma zu sortieren. Dann beschwören sie eine neue Naturnähe hervor. Sie fragen sich, was zuerst da war: die Selfie-Kultur oder der Narzissmus.
Die digitale Generation möchte sich nun nicht mehr argumentativ mundtot machen lassen. Mit Memes machen sich die Millenials und die Gen Z über die Babyboomer-Generation lustig. Die Anhänger der Bewegung sehen das Symbol keinesfalls als beleidigend, sondern als gleichzustellen mit einem Augenrollen.
Kritik am Bewahren alter Wertvorstellungen
Es soll demnach keine Abwertung einer ganzen Generation darstellen. Vielmehr ist es eine Kritik an dem Festhalten an veralteten Werten und dem andauernden Wiederholungen in Argumantationsriten.
Auf TikTok hat alles begonnen, als jemand auf die Videos eines alten Mannes reagierte, der über Millenials herzog. Über Reddit, Twitter und Co. wuchs die Bewegung schnell zu einem globalen Phänomen heran.
Die Babyboomer, die in der Nachkriegszeit geboren wurden, stellen sich selbst gerne als tüchtig, konform und strebsam dar.
Verweichlicht, verdorben und unmoralisch
Dem gegenüber stellen sie die unmoralisch ausufernden, verdorbenen, verweichlichten, unfähigen - die sie, wohlgemerkt, selbst großgezogen haben - nachfolgenden Generationen, denen es mit ihrem zur Über-Psychologisierung neigenden Weltbild an Stärke mangle.
Dieser wiederkehrende Generationskonflikt ist keine neuzeitliche Schöpfung. "Ok, Boomer" ist nur das neue "Opa, erzähl uns vom Krieg".
Das Alte zu verwerfen ist nie ein diplomatischer Weg. Die Entfaltung des Individualismus, trotz seiner weit zurückreichenden Wurzeln in die bürgerliche Welt, hat erst in den letzten Jahrzehnten einer Ruhephase in vielen Ländern der Welt gefunden und es dadurch geschafft, sich ganz zu entfalten.
Damit beginnt auch die Problematik. Diskussionen und Debatten, wie sie heute allgegenwärtig sind, wurden einst in Salons ausgetragen und waren ein Privileg einzelner Bildungsschichten.
Arroganz auf beiden Seiten
Jede Generation empfand sich selbst als weise und weiter fortgeschrittener als die andere. Und jede handelte dann dennoch wieder gleich und begrub sich im Vergleichen. Arroganz kann man also sowohl der Jugend als auch dem Alter vorwerfen.
Zu glauben, sich selbst in der erhöhten Position zu befinden und nicht an das Urteilsvermögen einer ganzen Generation festgekettet zu sein, hat die Welt noch nicht zu einem besseren Ort werden lassen.
Dass es auch eine politische Dimension hat, zeigt der Auftritt einer niederländischen Grünen-Abgeordneten, der viral ging und viele junge Unterstützer fand.
Auch in Sachen Humor scheint sich einiges geändert zu haben, wie das Netz das Phänomen als "Boomer Humor" belächelt, man wirft ihnen eine aggressive, diskriminierende Witzkultur vor.
Man ist immer auch ein Kind seiner Zeit
Sogar ältere Journalisten schalten sich ein. Kommentare werden von Facebook gelöscht, weil sie eine ganze Generation diskriminieren sollen.
Mittlerweile gibt es im Netz auch einen Konter auf den Konter. Ein Thread, der inzwischen 10.000 Kommentare umfasst, stellt sich die Frage, wie die Postion der Millenials sich verändern könnte, wenn sie die ältere Generation sind.
Millenials sollten dabei nicht vergessen, dass die große Redefreiheit und Tendenzen der Gleichberechtigung ihre Wurzeln in den Bestrebungen der Zeit nach den großen Kriegen hat und von den damals Jungen vertreten wurde. Die Orientierung an Werten des Schneller-Höher-Weiter machte den rapiden Fortschritt erst möglich.