Wien

Wienerin gefeuert, weil sie schlechte Milch mitnahm

Nach 29 Dienstjahren wurde eine Küchenhilfe in Wien fristlos entlassen, weil sie monatelang Milch und Essen aus der Schule stahl. 

Newsdesk Heute
Eine Küchenhilfe wurde entlassen, weil sie sich etwas zu viel am Schulbuffet bedient hat. 
Eine Küchenhilfe wurde entlassen, weil sie sich etwas zu viel am Schulbuffet bedient hat. 
Getty Images (Symbolbild)

"Nix übrig für Verschwendung" – unter diesem Motto versammelten sich Ende September Stadt Wien und Umweltministerium, um der Lebensmittelverschwendung an Schulen den Kampf anzusagen. In Hinblick auf Abfallvermeidung wolle man bewusst eine Vorbildwirkung übernehmen, verkündete Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, es komme auf jeden Kilo an.

Angesichts dieser Töne um so kurioser erschien es, als im Im "Falter"-Morgen-Newsletter eine brisante Anweisung der MA 56 (Wiener Schulen) publik wurde. So dürfen Lehrkräfte übriggebliebene Mahlzeiten in den Bildungseinrichtungen nicht essen. Diese werden lieber in den Müll geworfen – mehr dazu hier.

Kinder kämpfen um Küchenhilfe

Nach diesen Berichten meldete sich nun eine weitere Betroffene aus dem Bildungsbereich, die von einem skandalösen Fall berichtet. Es handelt sich um Claudia W., die seit 29 Jahren in der Schwerhörigenschule Hammerfestweg im 22. Bezirk arbeitet – bzw. arbeitete. Denn im November des Vorjahres wurde sie aus heiterem Himmel fristlos gekündigt.

Seitdem kämpfen Eltern, Lehrer und vor allem die Kinder, zu denen sie ein herzliches Verhältnis hatte, um ihre Rückkehr. Doch die Magistratsbehörde bleibt stur. Sie wirft der Küchenhilfe Diebstahl vor und zahlt deswegen nicht einmal die Abfindung, die nach dieser langen Dienstdauer ein ganzes Jahresgehalt betragen würde.

Abgelaufene Milch mitgenommen

Und dazu kam es so: Am 17. November wurde sie laut "Falter"-Morgen in die Behörde zitiert, wo sie mit den Vorwürfen konfrontiert wurde. Es gebe Fotos, Leugnen sei zwecklos. Claudia gesteht: Ein Mal habe sie abgelaufene Milch mitgenommen und einmal sei ihr ein Joghurt heruntergefallen, welches sie daraufhin in ein Plastikgeschirr geschaufelt habe. Sie könne diese Produkte immerhin noch verwenden, die Kinder nicht, ansonsten müssten sie in den Müll. Die abgelaufene Milch habe sie sogar ersetzt. Aber die Behördenvertreter blieben hart.

Die Personalvertretung riet ihr daraufhin, zu klagen, denn die seitdem arbeitslose und nunmehr verschuldete Küchenhilfe möchte vor allem eines: ihren Job zurück. Auch die Direktion attestiert ihr "ausgezeichnete" Leistungen, "Frau W. geht trotz 4x Fersensporn nicht in den Krankenstand. Sie legt ihre Therapien so, dass sie den Schulbetrieb nicht belasten".

Intrige?

Sogar die Lehrer der Schule starten eine Unterschriftenaktion und schreiben der MA 65 einen Brief. Darin stellen sie auch eine Mutmaßung auf, wie es wohl zu der Entlassung kommen konnte. Eine erst wenige Monate zuvor eingestellte Kollegin würde Claudia offen denunzieren, demütigen und beleidigen. Sie sei es auch, die die Küchenhilfe angezeigt und Fotos von ihr "in flagranti" gemacht habe.

Die Anzeigern sagte sogar vor Gericht aus, so der "Falter" weiter, und erläuterte die Fotos, auf denen Claudia zu sehen ist, wie sie mit vollgepackten Sackerln voller Jause aus der Küche geht bzw. sie raus "schmuggelt". Das wurde grundsätzlich auch nie bestritten: Denn wie Elternvereinsobmann Hubert Konturek bestätigt, brachte sie übrig gebliebene Mahlzeiten stets den Kindern direkt in die Nachmittagsbetreuung, weil die Eltern nicht wollen, dass Essen weggeschmissen wird.

Der Elternverein wandte sich ebenso an die MA 56 und versuchte zu argumentieren, dass das Essen ja Eigentum der Eltern sei, weil diese – und nicht die Stadt – das Mittagessen bezahlen. Der Richter wies die Klage auf Wiedereinstellung jedoch ab und stützte sich auf die Zeugenaussagen, die sie Essen aus der Schulküche tragen sahen.

"Du fehlst mir"

Die Chance, wieder an der Schule arbeiten zu dürfen, ist somit dahin. Die MA 56 wiederum machte die Hoffnungen auf die Abfertigung zunichte, denn es sei nicht mehr möglich, die Entlassung auf eine einvernehmliche Kündigung umzuwandeln. Künftig will die Behörde keine weiteren Antworten zu dem Thema geben.

Noch nicht die Hoffnung verloren haben hingegen die Kinder. Eine komplette Mappe voll Zuschriften hate Claudia bei sich zu Hause. Eine Zeichnung zeigt die Küchenhilfe mit einem Teller Essen in der Hand, einem Superhelden-Cape und dem Superman-S auf der Brust. "Hallo Frau W. Ich hoffe, es geht Ihnen gut und hoffentlich kommen Sie nächstes Jahr wieder zurück", schreibt eine andere Schülerin, "du fehlst mir" liest man auf einem anderen Zettel.

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