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Trotz Coronakrise soll Café Oper Tickethalle weichen

In dem Cafè in der Wiener Staatsoper war sogar Tom Cruise zu Gast - und es war ein Treffpunkt für Wiener, Opernliebhaber und Künstler. Bereits im Jänner protestierten die Mitarbeiter. Jetzt soll der Umbau zur Tickethalle fixiert sein. 

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Rote Karte für Kircher - Millionenumbau für Tickets statt Arbeitsplätze für Menschen
Rote Karte für Kircher - Millionenumbau für Tickets statt Arbeitsplätze für Menschen
Phillip Lipiarski

Während dieser Tage heimische Wirte ihre Lokale wieder aufsperren, muss das Café Oper in der Wiener Staatsoper geschlossen bleiben. Thierry Voyeux, Betreiber des traditionellen und beliebten Kaffeehauses, zeigt sich erschüttert: „Wir haben bis zuletzt auf den Dialog mit dem Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Herrn Christian Kircher, gesetzt. Aber seit wenigen Tagen ist klar: das war bloß Taktik, damit wir ruhig bleiben. Jetzt sind wir bald alle arbeitslos und verzweifelt.“

Die Bundestheater-Holding hat den mit Ende Juni auslaufenden Pachtvertrag nicht verlängert. Grund: ein Ticketcenter soll in die Kaffeehausräumlichkeiten kommen. Der Pächter fühlt sich nicht ernst genommen, denn ungeachtet seiner Investitionen, der Arbeitsplätze und der großen Beliebtheit bei Operngästen, Touristen und Wienern soll das Cafè Haus schließen. Über 50.000 Gäste besuchen jährlich das Café Oper, das vor 15 Jahren von Staatsoperndirektor Ioan Holender in der Oper initiiert wurde.

Bundestheater-Holding-Chef: "Umbau kostet keine 3,5 Millionen Euro"

Bundestheater-Holding-Chef Christian Kircher sagte "Heute" in einer schriftlichen Stellungnahme, dass auch die neue Tickethalle ein Gastronomie-Angebot beinhalten werde, dass die Kosten für den Umbau auf keinen Fall 3,5 Millionen Euro betragen werden und dass der Vertrag mit dem Cafè Oper befristet abgeschlossen wurde und nun fristgerecht zur Jahresmitte 2020 auslaufen werde. 

Personal, Gäste und Künstler kämpfen für das Café: Über 6.000 Unterschriften bekunden Solidarität

Bis zuletzt hatten Pächter, Personal und Gäste gehofft, dass das Café bleiben kann. Voyeux schwärmt: „Unsere Gäste sind der Wahnsinn! Sie haben in nur wenigen Wochen über 6.000 Unterschriften gegen das Ticketcenter und für den Verbleib des Wiener Cafés gesammelt. Sie haben uns bestärkt zu kämpfen und Briefe an Kircher bis Kurz geschrieben. Es täte uns so unendlich leid, wenn wir ihnen jetzt erklären müssen, dass alles umsonst war.“

Kellner Robert: "Bundestheaterchef nimmt uns unsere Existenzgrundlage!"

Kellner Robert M., der seit über 30 Jahren in der Wiener Lokalszene arbeitet, versteht die Welt nicht mehr: „Während Herr Kircher über 2.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit schickt und sich über 'tiefe finanzielle Einschnitte' beklagt, verbaut er 3,5 Mio Euro Steuergelder in einen umstrittenen Umbau? Und seine Beteuerungen, 'das oberste Ziel sei die Sicherung der Arbeitsplätze', gilt wohl nur für seine eigenen!“  Denn mit der Schließung des Café Oper verlieren 14 Familienväter und Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze! Für Walter W. (berühmt aus dem Hotel Palais Schwarzenberg) bedeutet das Ende des Cafés auch ein trauriges Ende seiner beruflichen Laufbahn: „Herr Kircher nimmt uns die Existenzgrundlage zu einer Zeit, in der wir keinen Job bekommen! Das schmerzt!“

„Während Bundestheater-Holdingchef Kircher über 2.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit schickt und sich über 'tiefe finanzielle Einschnitte' beklagt, verbaut er 3,5 Mio Euro Steuergelder in einen umstrittenen Umbau?"

Pächter von Café Oper sieht "wenig Chance auf eine Zukunft"

Die Café-Betreiber befürchten, dass sich Herr Kircher mit dem Umbau noch schnell ein Denkmal setzen will, bevor seine Wiederbestellung 2021 anstehe. Herr Walter sei jedenfalls nicht der einzige, für den „in die Wiener Staatsoper ein Wiener Kaffeehaus gehört und Arbeitsplätze jetzt wichtiger seien als ein Ticketcenter“.

Wenig Chancen für eine Zukunft des Café Oper sieht mittlerweile auch der Pächter des Cafés, Friedrich Crone: „Herr Kircher hat uns vor wenigen Tagen erklärt, dass er am Umbau festhält. Corona hin oder her. Jetzt kann unser Café nur noch ein Wunder oder Menschlichkeit retten! Ich bedaure es sehr und hätte es der Coronakrise entsprechend angemessener gesehen, jetzt zuerst die Künstler finanziell zu unterstützen, Arbeitsplätze zu erhalten und den Umbau erst mal zu verschieben. Wir hätten unser Kaffeehaus wieder aufsperren können und vielleicht sogar gemeinsam eine Lösung gefunden, die der neuen Situation und Herausforderung entspricht und alle Interessen zufriedenstellend berücksichtigt. So wird eine gute und gelebte Institution mutwillig zerstört und Jobs vernichtet.“

„Herr Kircher hat uns vor wenigen Tagen erklärt, dass er am Umbau festhält. Corona hin oder her. Jetzt kann unser Café nur noch ein Wunder oder Menschlichkeit retten!"

Appell an Politik und Verantwortliche

„Ich appelliere daher an alle Verantwortlichen und Entscheidungsträger der Bundestheaterholding, der Oper und der Kulturpolitik, dieses Vorhaben sofort zu stoppen, transparent zu machen, die Pläne noch einmal ernsthaft zu prüfen und dann eine nachhaltige Entscheidung mit entsprechender Vorlaufzeit zu treffen. Wir waren bis zuletzt faire, verlässliche und konstruktive Partner und werden das auch gerne in Zukunft sein!“, so der Pächter Friedrich Crone.

Bundestheaterdirektor Kircher: "Tickethalle wird Unternehmen Kosten sparen"

In einer schriftlichen Stellungnahme stellte Bundestheaterdirektor Christian Kircher klar, dass das neue Besucherzentrum kommen wird: "Es wird in der Wiener Staatsoper für die Kunden der Österreichischen Bundestheater ein neues Besucherzentrum (zu denen das Burg- und Akademietheater, die Wiener Staatsoper und die Volksoper Wien gehören) eingerichtet. Dadurch werden unsere Besucher zukünftig direkt in der Wiener Staatsoper die Gelegenheit erhalten, Karten zu kaufen, Führungen zu buchen sowie Beratung und Informationen zu erhalten. Darüber hinaus können Veranstaltungen, wie Präsentationen, Diskussionen oder auch Ausstellungen an diesem Ort stattfinden und das Haus am Ring steht somit Interessierten auch tagsüber offen."

"..wirtschaftlich sei es sinnvoll, die Bundestheaterkassen in eigene Räumlichkeiten zu verlegen und nicht externe Standorte anzumieten."

Zusätzlich werden durch die Einrichtung der Besucherhalle Kosten gespart: "Der jetzige angemietete Standort der Bundestheaterkassen in der Operngasse wird an den höchstfrequentierten Standort der Österreichischen Bundestheater, die Wiener Staatsoper, verlegt. Auch wirtschaftlich ist es sinnvoll, die Bundestheaterkassen in eigene Räumlichkeiten zu verlegen und nicht externe Standorte anzumieten. Im vergangenen Jahr konnten wir uns über mehr als 1,3 Millionen Besucher freuen und wir sind überzeugt, dass wir unser Service durch die Schaffung dieses Besucherzentrums erheblich verbessern können."

Ob die Mitarbeiter des Café Oper auch in den neuen Räumlichkeiten eine Arbeitsmöglichkeit erhalten werden, bleibt offen.