Notrufe abgewiesen

"Kein Notfall", drei Tage später ist Wiener Mutter tot

Am 7. April rief Manuel A. die Rettung. Die wollte aber nicht kommen. Seine sterbenskranke Mutter sei kein Notfall, hieß es. Das gab ein Computer vor.

Newsdesk Heute
"Kein Notfall", drei Tage später ist Wiener Mutter tot
Manuel und Sanela A. sind entsetzt: Ihre Notrufe wurden abgewiesen, die sterbenskranke Mutter von den Computersystemen der Berufsrettung und der Hotline 1450 als Fall niedriger Priorität eingestuft.
Screenshot ORF

"Ich sage nicht, dass meine Mama länger am Leben gewesen wäre. Ich sag' nur, das, was ich selbst gehört und gefühlt habe". Was Manuel A. und seiner Familie widerfahren ist, sorgt für Entsetzen.

Am 7. April wählte der Wiener den Notruf, weil seine Mutter Romanica (69) über starke Schmerzen klagte und sich kaum noch bewegen konnte. Doch die Rettung kam nicht. Nach drei Minuten Telefonat entschied die Stimme am anderen Ende der Leitung: kein Notfall.

Manuel A. wurde an die Gesundheitshotline 1450 verwiesen. In einem 12-minütigen Gespräch beantwortete er dieser Dutzende Fragen, "in der Hoffnung, dass die Mama ins Spital gebracht wird." Dennoch wurde er erneut abgewiesen: kein Notfall.

"Computer kann nicht wissen, wie es Menschen geht"

Wie kann das überhaupt sein? Die Begründung der Telefonistin machte ihn fassungslos. Der Computer habe beurteilt, dass es sich um keinen dringenden Fall handle, so die Frau.

Blick in die Leitstelle der Wiener Berufsrettung. 1,4 Millionen Anrufe gehen jedes Jahr hier ein.
Blick in die Leitstelle der Wiener Berufsrettung. 1,4 Millionen Anrufe gehen jedes Jahr hier ein.
Screenshot ORF

Im ORF "Thema" am Montag schilderten die Hinterbliebenen schließlich die Hilflosigkeit, die sie an jenem Tag empfunden hatte. "Ein Computer kann nicht wissen, wie es einem Menschen geht", kritisiert Manuel A. Auch seine Gattin Sanela ist außer sich: "Ich verstehe nicht, wieso ein Computer, eine Maschine entscheiden muss. Wo ist die Menschlichkeit?"

Doch wie kann das überhaupt sein? "Ist er bei Bewusstsein? Und atmet er? Das sind die wichtigsten Fragen", erklärt der Leiter der Wiener Berufsrettungs-Leitstelle Patrick Glaninger gegenüber dem ORF. Anhand dieser würde innerhalb von Sekunden entschieden, ob es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand handelt. "Wenn das der Fall ist, disponieren wir auch in der Sekunde."

Leitet die Wiener Berufsrettungs-Leitstelle: Patrick Glaninger. Bei Patienten ohne Atmung oder Bewusstsein, "disponieren wir in der Sekunde."
Leitet die Wiener Berufsrettungs-Leitstelle: Patrick Glaninger. Bei Patienten ohne Atmung oder Bewusstsein, "disponieren wir in der Sekunde."
Screenshot ORF

Sterbenskranke war nur "low code"

Beides mussten die Angehörigen der sterbenskranken Frau aber wahrheitsgemäß mit Ja beantworten. Diese sind Teil des standardisierten Abfragesystems, bei dem allen Anrufern die selben Fragen gestellt werden. Ein Computer entscheidet über die Dringlichkeit. Das soll menschliche Fehler der Disponenten ausschließen, sagt Glaninger.

Aber: "Eine Maschine kann nie einen Menschen ersetzen. Es dient immer nur der Unterstützung, die Letztverantwortung obliegt immer beim Disponenten, der Disponentin". Dennoch, der Fall der Familie A. wurde letztendlich als sogenannter "low code" eingestuft und an die Gesundheitsberatung 1450 weitergeleitet.

1450-Chef David Reif sieht keinen Fehler seitens seines Teams: "Die Mitarbeiterinnen haben gesetzeskonform gearbeitet."
1450-Chef David Reif sieht keinen Fehler seitens seines Teams: "Die Mitarbeiterinnen haben gesetzeskonform gearbeitet."
Screenshot ORF

Auch dort kommt laut dem 1450-Chef David Reif ein standardisiertes Abfragesystem zum Einsatz. Seine Mitarbeiter würden anhand der beschriebenen Symptome neuerlich die Dringlichkeit einstufen: "Eine Rettung mit Blaulicht ist nicht immer das Mittel der Wahl." Ein Fehler sei nicht passiert: "Die Mitarbeiterinnen haben gesetzeskonform gearbeitet."

"Meine Schwiegermutter hat geweint"

Die 1450-Telefonisten habe dann doch einen Rettungswagen in Aussicht gestellt, schildert schließlich Manuel A.. Allerdings mit einem Haken: "Aber wenn sich herausstellt, dass das doch kein dringender Fall ist, dass das in Rechnung gestellt wird. Und, dass das circa zwei bis drei Stunden dauern kann, was eine extrem lange Zeit ist."

Am Ende trug die Familie die 69-Jährige selbst ins Auto und brachte sie in die Klinik Ottakring. Sanela: "Meine Schwiegermutter hat geweint, weil sie so starke Schmerzen hatte. Wir sind für das nicht ausgelernt, nicht zuständig. Wir haben geholfen auf unserem Weg, aber das war für seine Mutter sehr schmerzlich."

Ihr Ehemann sah Romanica A. hier das letzte Mal. Im Spital verstarb die Frau drei Tage später an Brustkrebs, der unbemerkt bereits die Lunge angegriffen hatte.

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    privat

    Auf den Punkt gebracht

    • Eine Wiener Familie erlebt eine Tragödie, als der Notruf für ihre sterbenskranke Mutter abgewiesen wird, weil ein Computer entscheidet, dass es sich nicht um einen dringenden Fall handelt
    • Trotz der Bemühungen der Familie, wurde keine Rettung geschickt und die Mutter verstarb später im Krankenhaus
    • Die Angehörigen kritisieren die Entscheidung, die auf standardisierten Fragen basierte, und betonen die Unmenschlichkeit einer solchen Vorgehensweise
    red
    Akt.