Österreich

Neuer rot-grüner Vorstoß für Wahlrecht für alle

Heute Redaktion
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In einem Antrag startet die SPÖ Alsergrund einen neuen Anlauf für die Einführung eines Wahlrechts für alle. Doch dazu wäre eine Änderung der Bundesverfassung nötig.

Bei der Bezirksjahreskonferenz der SPÖ Alsergrund am 12. März wurde nicht nur über die Nachfolge von Martina Malyar entschieden – "Heute" hat berichtet, sondern auch ein Antrag auf Einführung des Wahlrechts für alle eingebracht. Dieser wurde von den Genossen mit großer Mehrheit angenommen.

Damit unternimmt ein Teil der SPÖ Wien einen neuen Anlauf, das Wahlrecht auch für in Wien Lebende ohne aufrechte österreichische Staatsbürgerschaft umzusetzen. Im Jahr 2003 unternahm Rot/Grün schon einmal den Versuch, das Wahlrecht für Nicht-Österreicher und Nicht-EU Bürger auf Wiener Bezirksebene umzusetzen. Dies wurde ein Jahr später vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) als verfassungswidrig aufgehoben.

Änderung der Bundesverfassung nötig

Da das angestrebte Wahlrecht für alle damals an der Bundesverfassung gescheitert ist, sieht der Antrag, eingebracht von der Filmregisseurin und Autorin Andreas Maria Dusl, ein "Anstreben einer Verfassungsänderung" vor. Dadurch soll die Einführung des Wahlrechts auf Bundesebene für Nationalrats- und Bundespräsidentenwahlen, das Wahlrecht auf Landesebene sowie das kommunale Wahlrecht für Vertretungskörperschaften auf Gemeinde- und Bezirksebene möglich werden.

"Viele Mitbürger sind vom Wahlrecht auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene ausgeschlossen, mittlerweile sind das jeder vierte Wiener. In manchen Bezirken Wiens, etwa Rudolfsheim-Fünfhaus, sind gut 40 Prozent der Bevölkerung betroffen", kritisiert Dusl auf ihrer Homepage.

Weil Demokratie und Wahlrecht kommunizierende Gefäße seien, bedinge das eine das andere. Es müsse das Ziel der Sozialdemokratie sein, allen Mitbürgern nach einer weder zu kurzen noch zu langen Frist eine Stimme zu geben, so die Künstlerin.

Wahlrecht nach drei bis fünf Jahren

Was Dusl unter "weder zu kurz noch zu lange" versteht, konkretisiert sie in ihrem Antrag. Hier ist von einer "angemessenen Frist von drei bis fünf Jahren" die Rede. Nach der Abstimmung im Bezirk wurde der Antrag nun an den Bundesparteitag der SPÖ weitergeleitet.

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Auch City-Grüne dafür

Unterstützung kommt von den Grünen Innere Stadt, die ebenfalls auf Twitter über ein erweitertes Wahlrecht nachdenken. Konkret wird bemängelt, dass derzeit 25 bis 30 Prozent der Wiener nicht ihren Bürgermeister wählen dürfen, so entstünden Politikverdrossenheit und Parallelgesellschaften.

"Es gibt immer mehr Menschen mit EU-Staatsbürgerschaft, die in keinem Staat auf Bundesebene wahlberechtigt sind: in ihrem Heimatland haben sie das Wahlrecht verloren, weil sie zum Beispiel seit langem in Österreich leben und gleichzeitig sind sie aber hier ebenfalls nicht wahlberechtigt. Daher unterstützen die Grünen Innere Stadt die Forderung nach einer Wahlberechtigung auf Landesebene", erklärt der Klubobmann der City-Grünen Alexander Hirschenhauser auf "Heute"-Anfrage.

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Polit-Experte: "SPÖ und Grüne würden profitieren"

Als, aus Sicht von Rot/Grün verständlich, aber eher unwahrscheinlich bewertet der Politikexperte Thomas Hofer den neuen Vorstoß zur Umsetzung eines Wahlrechts für alle. "Grundsätzlich liegt es im Interesse von SPÖ und Grünen, in diese Richtung zu gehen – sie würden bei einer Erweiterung des Wahlrechts überdurchschnittlich profitieren. Wahrscheinlich ist eine (kurz- bis mittelfristige) Umsetzung dieser Forderung aber natürlich nicht, denn die Mehrheiten dazu sind auf Nationalratsebene einfach andere", so Hofer.

Die Gefahr aus Sicht von SPÖ und Grünen sei darüber hinaus, dass der Vorstoß ein willkommener Anlass für die FPÖ, aber auch die ÖVP ist, um ihre Erzählung einer viel zu sehr auf Zuwanderer fixierten rot-grünen Stadtregierung zu wiederholen. Gerade der designierte Bürgermeister Michael Ludwig könnte diese Debatte daher eher als Bärendienst empfinden, nachdem er gerade den Versuch startet, Wähler von der FPÖ zurückzuholen. "Da kann eine populistisch geführte Debatte in die Richtung, dass Rot-Grün lieber auf die Aus- als auf die Inländer setzt, sehr wohl schaden", analysiert der Experte.