Österreich
Hundertwasserhaus muss dringend saniert werden
Wassereinbrüche, Pilzbefall und bröckelnde Fassaden: Das Top-Tourismusziel der Stadt benötigt dringend eine Generalsanierung.
An frühen Morgen, wenn die Hundertschaften der geführten Touristen noch nicht vor Ort sind, offenbart sich für "Heute" die ungeschminkte Optik des Baudenkmals von Weltrang. Wasserschäden fast überall, kaputte Elemente im Stiegenhaus, undichte Terrassen und die verwüstete Eingangstür zur früheren Bleibe des Schöpfers.
Als am 22. Juni 1986 um 7.45 Uhr die letzte Fliese im Stiegenhaus geklebt wurde, hatte das Baudenkmal des Meisters Fritz Stowasser zwar noch kaum ausgeprägten Baumbewuchs zu bieten, dafür jedoch markig kräftige Fassadenfarben, verspielte Türmchen, Erker und Balkone. Knapp 31 Jahre später offenbaren sich nun massive Schäden am Baukörper der Sehenswürdigkeit.
Und die haben vor allem eine "natürliche" Ursache: Das Haus, mittlerweile von bis zu 7.000 Touristen täglich visitiert, hat praktisch kein Dach, insgesamt 19 bepflanzte Terrassen müssen nicht nur Wasser aufnehmen sondern auch wieder ableiten. Und das passiert seit Jahren nicht wirklich klaglos.
Das Hundertwasserhaus ist eine von 1983 bis 1985 erbaute Wohnhausanlage der Gemeinde Wien und befindet sich an der Ecke Kegelgasse 34–38 und Löwengasse 41-43 im 3. Wiener Gemeindebezirk, Landstraße.
Die Konzeption sah die optimale Auflockerung beziehungsweise Öffnung der Gebäudeteile sowie eine maximale Begrünung auf Dächern und Hofflächen vor, wobei gleichzeitig auf biologisch gesundes Baumaterial geachtet wurde. Die Vermeidung glatter Fassaden und gleichartiger Fenster, die Färbelung der Fassaden im Stil Hundertwassers und die unorthodoxe Innenausgestaltung machten das Haus rasch zu einem Anziehungspunkt für touristisch und kunstinteressierte Besucher Wiens (Besichtigung bei Rundfahrtprogrammen). In der Nähe befindet sich das KunstHaus.
Baumwurzeln durchbrechen Gemäuer
Die Ursache: Die Wurzeln der in mittlerweile drei Jahrzehnten gewachsenen Bäume durchschlagen immer wieder die Blechwannen der Terrassen, das Wasser sickert dann in die darunter liegenden Wohnungen und Wände ein. Immer wieder müssen undichten Tröge aufwändigst saniert werden, was natürlich den Zugang zu den freien Mitteilen erfordert.
So etwa musste eine Mieterin fast drei Jahre lang mit Schimmelbefall an ihrer Decke leben, weil die "Nachbarin" im darüber liegenden Stock weder im Haus gemeldet war noch in der Wohnung tatsächlich lebte. Erst ein gerichtliches Einschreiten und ein Notariatsakt seitens der Hausverwaltung "Gesiba" brachte den Durchbruch.
Fassade bröckelt an allen Ecken und Enden
Abgesehen von den lecken Terrassen bröckelt auch die Fassade des Hauses an allen Ecken und Enden. Viele der alten Kaiserziegel nehmen Sickerwasser auf und werden bei Minusgraden regelrecht zerrissen, am Stiegenhaus nagt der Zahn der Zeit, viele der verspielt bunten Knöpfe sind völlig verwittert oder einfach abgerissen.
Sogar die Tür zu jener Bleibe, in der Hundertwasser notdürftig logierte, um den Baufortschritt akribisch zu überwachen, weist Brandschäden und Spuren von Einbruchsversuchen auf. Aus den mit Brandschutztüren verschlossenen Fahrradräumen wurden erst vor kurzem hochpreisige Bikes im großen Stil gestohlen. Überwachungskameras wie in vielen anderen Gemeindebauten gibt es nicht.
Bio-Patina macht Sanierung schwierig
Bei der "Gesiba" kündigt man für 2018 eine Sanierung der Fenster an. Zu den Bauschäden wird verlautet, man könne nur punktuell sanieren. Grund: Rund 75 Prozent der Fassade sind mit wildem Wein, Efeu und Mauerkatze bewachsen. Diese Bio-Patina aus 30 Jahren Wildwuchs müsste für eine umfassende Erneuerung unwiederbringlich entfernt werden.
Dagegen wehren sich Teile der Mieter genauso wie der Buchstabe des Testaments von Friedensreich Hundertwasser: Darin hat der Meister zwar verfügt, dass "sein" Haus ohne jede finanzielle Obergrenzen instand gehalten werden muss, an anderer Stelle jedoch gibt es die Verfügung, wonach der Bau den Verwitterungen durch die Zeit ausgesetzt werden soll.