Österreich

Lauter Freisprüche im Identitären-Prozess

Heute Redaktion
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Der Prozess wegen Verhetzung und Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen 17 Mitglieder der rechtsextremen "Identitären Bewegung" ist zu Ende.

Alle Angeklagten im aufsehenerregenden "Identitären"-Prozess in Graz wurden allesamt von den Vorwürfen der Verhetzung und der Bildung einer kriminellen Vereinigung freigesprochen. Zwei Angeklagte wurden wegen Sachbeschädigung, einer wegen Nötigung und Körperverletzung jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

"Front von Feiglingen"

"Sie stellen sich als eine Front von Gesetzestreuen dar und begehen fortwährend Gesetzesbruch. Sie sind für mich keine Front von Patrioten, sondern eine Front von Feiglingen." Mit diesen Worten bedachte der Staatsanwalt in seinem Abschlussplädoyer die Mitglieder der "Identitären Bewegung Österreich" (IBÖ) am Donnerstag vor dem Grazer Landesgericht. Es war das Ende eine Prozesses, der sich über den gesamten Monat gezogen hatte.

Die Identitären seien "Pseudomoralisten, die vorgeben, den Staat zu beschützen", so der Ankläger, "sie vermeiden jede Differenzierung, weil Hetze einfacher ist. Sachkundige Kritik ist schwierig". Aussagekräftig sei für ihn auch, dass bei einer Aktion eine junge Frau "geschickt" wurde, "Wände zu besprühen", während sich die Männer der vorwiegend männlich besetzten Gruppierung im Hintergrund hielten.

Die Angeklagten

Die 16 Männer und eine Frau, die vor dem Grazer Landesgericht standen, sind zwischen 22 und 35 Jahre alt und stammen aus der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich. Zehn von ihnen sind Studenten, einer geht noch in die Schule. Der Rest arbeitet beispielsweise als Maurer oder Schlosser. Ihnen wurde eine Vielzahl an Straftaten vorgeworfen, unter anderem das Anbringen eines Transparentes mit der Aufschrift "Islamisierung tötet" am Dach der Grünen-Parteizentrale in Graz.

Der für mehrere Wochen anberaumte Prozess gegen die IBÖ startete unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. 20 Polizisten bewachten die Eingänge, neben Besuchern und Beschuldigten war auch das Medieninteresse groß. Zeitweise kamen sogar Störsender zum Einsatz – wie der Richter erklärte, seien ihm Pläne bekannt geworden, dass der Prozess hätte gestürmt werden sollen. Durch ein lahmlegen einer Absprachemöglichkeit habe man die "Aktion" verhindern können.

Angeklagte Aktionen

Den Angeklagten, alle Mitglieder der als rechtsextrem eingestuften IBÖ, wurde unter anderem die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Auch Verhetzung, Sachbeschädigung und Nötigung standen in der Anklage: "Gegenstand der Anklage sind insgesamt vier Vorfälle, die von der Staatsanwaltschaft Graz eben als verhetzerisch und Begehung der kriminellen Vereinigung qualifiziert wurden. Diese vier Vorfälle haben sich im Zeitraum April 2016 bis März 2017 abgespielt", erklärte der Sprecher der Grazer Staatsanwaltschaft, Hansjörg Bacher.

Neben dem Vorfall mit dem Transparent auf der Grünen-Parteizentrale in Graz, bei dem laut Vorwurf zu Hass gegen Flüchtlinge und Muslime aufgerufen wurde, war auch eine Aktion in Klagenfurt Teil der Anklage. Dort wurde eine Vorlesung über Asyl und Migration an der Uni gestürmt, Flugblätter mit der Aufschrift "Integration ist eine Lüge" wurden verteilt. Dritter Vorwurf: In Maria Lankowitz im Bezirk Voitsberg sollen die Angeklagten Heiligenfiguren mit schwarzen Müllsäcken im Sinne einer Burka-Verschleierung verhüllt haben. Als vierte Aktion erwähnt die Anklage das Anbringen eines Transparents mit islamfeindlichen Parolen am Dach der türkischen Botschaft in Wien.

"Verhetzerisches Milieu"

Von Anfang an sei die IBÖ mit Aktionen "in verhetzerisches Milieu" eingetaucht, sagte der Staatsanwalt. Ab 2016 hätten sich die Aktionen, die "zum Hass gegen bestimmte Gruppen aufstacheln" intensiviert. Mit Absicht wolle die IBÖ Ausländer, Flüchtlinge und Muslime verletzen, beschimpfen und in der öffentlichen Meinung herabsetzen, sagte der Ankläger. Sie seien dabei gut organisiert, hätten eine "fast militärisch strenge hierarchische Ordnung".

Während dem Prozess blieben die Angeklagten auf freiem Fuß, ihnen drohten bis zu drei Jahre Haft. Der Verteidiger der Angeklagten begegnete dem Staatsanwalt mit Unverständnis. Er verstehe die Anklage nicht, sagte er zu Beginn des Prozesses, es gehe um Meinungsfreiheit, provokanten Aktionismus, aber nicht um Hetze. Nun ging der Prozess fünf Tage früher als geplant zu Ende. (red)